Gottes Neue Offenbarungen

Das Grosse Evangelium Johannes: Band 5

Lehren und Taten Jesu während Seiner drei Lehramts-Jahre
Jesus in der Gegend von Cäsarea Philippi
Ev. Matth. Kap. 16 (Fortsetzung)

- Kapitel 183 -

Hirams magische Erlebnisse

Sagt Johannes: ,,Nun, so höre mich denn geduldig an! Siehe, du als selbst so ein bißchen ein Magier, wie auch alle deine Gefährten, hast einige Jahre früher schon, ehe du später in Griechenland mit dem Apotheker Aziona in die Gesellschaft tratest, mit einer Zauberin namens Klia eine Reise nach Ägypten unternommen, bei welcher Gelegenheit du wegen der zu großen Seichtheit deiner und deiner Gehilfin Zauberkünste nur eine sehr schwache Rechnung gefunden hast!
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In Alexandria haben auch die Gassenjungen eure Zaubereien gleich nachgemacht - und mitunter auch noch bessere und gelungenere! Ihr hattet also da gar wenig gemacht und zoget nach Kahiro. Dort angelangt, wolltet ihr euch produzieren; allein, man sagte zu euch: ,Laßt sehen, was ihr alles vermöget!`, und ihr gabet einige Proben von eurer Kunst. Man bedauerte euch und sagte: ,Liebe Leute, da habt ihr einige Groschen auf die Reise! In Städten lasset euch damit nicht sehen; in manchen kleinen Orten könnt ihr vielleicht noch ein Abendbrot damit verdienen!`
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Dann zoget ihr weiter nach Karnak, wo ihr auch nichts gemacht habt, ebenso in Elephantine nichts, und ihr wagtet euch dennoch sogar nach Memphis. Allein, da wurdet ihr völlig begraben! Hätte sich dort nicht ein römischer Landpfleger eurer Not erbarmt, so wäre es euch sehr schlecht ergangen. Allein, der gutmütige römische Landpfleger gab euch wegen der sonst sehr schönen Klia auf drei Monde lang Herberge und machte dich dort mit einer schon sehr wohlhabenden persischen Magiergesellschaft bekannt, damit du von derselben etwas hättest erlernen können oder sollen.
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Nun, diese Magiergesellschaft aber wollte sich um keinen Preis anders dazu verstehen, als du hättest neben der bedeutenden Lehrtaxe noch volle zehn Jahre gleichsam ihr handlangender Sklave verbleiben sollen! Da hast du dann die Geschichte also berechnet: ,Zehn Jahre ihr Sklave und die große Taxe von hundert Pfunden?! Bin ich neun Jahre ihr Sklave, - im zehnten, als letzten Jahre, können sie mich als Sklaven totschlagen, damit ihr Geheimnis in Griechenland nicht verraten werde, und so wären dann meine hundert Pfunde samt mir weg! Die hundert Pfunde hätten die Magier gefressen - und mich die Krokodile des Nils! Nein, das tue ich mir nicht an!`
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Das war sonach dein guter und fester Entschluß so ganz geheim bei dir selbst. Aber gegenüber den Magiern sagtest du: ,Meine hochweisen Künstler, wenn ich erst gelegenheitlich nahezu alle eure größten und geheimsten Stücke als Gast mit angesehen haben werde, dann werde ich mich auch in einen vielleicht noch vorteilhafteren Kontrakt mit euch einlassen!` Hier aber sind dir dann die Magier aufgesessen und haben bei ihren Produktionen, die wöchentlich zweimal erfolgten, ihre größten und kühnsten Stücke zur Aufführung gebracht.
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Ich will die vielen andern Stücke, die nicht zu unserer Sache gehören, der kostbaren Zeit wegen nicht erwähnen, sondern lediglich jene nur, die dich eigentlich aus aller deiner Fassung gebracht haben. Und diese bestanden darin: Es trat ein lebenskräftiger, etwa dreißig Jahre alter Araber hervor und kündigte mit ganz ernsten und ehrfurchtgebietenden Worten an, daß er eine Jungfrau bloß mit der Kraft seines Willens und durch die Auflegung seiner nackten Hände dahin vermögen werde, daß sie jedermann sogar seine Gedanken und eine Menge geheimer Dinge auf Verlangen erraten werde. Auch werde sie jedermanns Alter, und so es jemand wünschen sollte, auch seine künftigen glücklichen oder unglücklichen Schicksale genau und allerunfehlbarst voraussagen.
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Das war ein wahrer Blitz und Donnerschlag für dich. Die Jungfrau ward nun vorgeführt und auf ein Ruhebett hingesetzt. Der Magier legte ihr die Hände auf, worauf sie einschlief. Bald darauf kam die Jungfrau in eine Art Ekstase und fing mit dem Magier an zu reden, worauf dieser sagte: ,Wem es nun beliebt, sich um etwas zu erkundigen, der komme, aber nur allzeit bis höchstens drei Menschen, allein mit dem Bemerken, daß Menschen, denen sie anzeigt, sich zu entfernen, diesem Winke auch sogleich Folge leisten möchten, weil ihnen sonst Unangenehmes begegnen könnte! Sollte es jemand mit einem nicht sehr reinen Gewissen geben, der komme der Jungfrau ja nicht in die Nähe, sondern stelle durch einen Mittelsmann die Frage nur an mich, und es wird ihr dann schon durch mich ganz geheim die Antwort werden! Der Zustand der Jungfrau wird eine und eine halbe Stunde dauern!`
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Auf diese Eröffnung kamen mehrere und stellten die sonderbarsten Fragen, und jede erhielt ihre wundersame Antwort. Auch du fragtest um dein Alter und um dein künftiges Los. Und was die Jungfrau dir gesagt hat, ist alles bis jetzt auf ein Haar eingetroffen. Und was noch nicht eingetroffen ist, das scheint sich eben jetzt und für die Folge an dir erfüllen zu wollen! - Sage mir, ob es sich mit dir nicht gerade also verhalten hat!"
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Sagt Hiram, ganz über und über verblüfft: ,,Nein, das ist mehr als zuviel, und mehr denn tausend jener verzauberten Jungfrauen; denn davon habe ich selbst dir, Freund Aziona, sehr wenig und eigentlich schon beinahe gar nichts gesagt, und sonst jemandem noch weniger! Wie möglich also kannst du das aber auf das allergenaueste wissen? Nein, nein! Hörst du, du bist mir ein höchst sonderbarer Mensch! Mir wird es wahrlich ganz entsetzlich unheimlich in deiner absonderlichen Nähe!"
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Sagt Johannes: ,,Ei, laß das nur gut sein; denn wir sind nicht da, um euch je irgendeinen noch so geringen Schaden zuzufügen, sondern um euch nur aber, besonders geistig, so glücklich wie möglich zu machen! Denn ohnedem, daß ihr zuvor geistig glücklich seid, nützt euch auch kein irdisches Glück etwas! - Soll ich dir nun auch die Traummacherei des bekannten Magiers zu Memphis erzählen, die dich noch am allermeisten breitgeschlagen hat, und welche Zauberkunst du vorhin ob deines Lichttraumes uns in die Schuhe schieben wolltest?"
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Sagt Hiram: ,,O lieber Freund, laß das alles gut sein! Obwohl ich zwar keine Ahnung davon habe, wie jener Magier seinen Schläfer bestimmte Träume hat träumen lassen können, so bin ich aber dennoch schon zum voraus überzeugt, daß dir das alles haarklein bekannt ist und du dasselbe auf eine tausendmal gelungenere Weise zustande bringen könntest, so du es gerade wolltest. Denn wie deine Augen - oder weiß der Himmel welche deiner Sinne - in mir die verborgensten Dinge wie aus einem offenen Buche herauslesen, das ist und das wird mir ein Rätsel bis ins Grab bleiben!"
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Sagt Johannes: ,,Nicht also, mein Freund! Es liegt durchaus nicht an dem, daß ich dir die ägyptische Traummacherei etwa zu deiner Wissenschaft erklären wollte, damit du dir damit etwa später als ein besonderer Magier dein besseres Brot verdienen könntest - denn da darfst du nur zu den Essäern gehen, die werden dir dasselbe machen und vielleicht auch zeigen! -; aber daran liegt es mir, dir den großen Unterschied zu zeigen, wie wir jemandem in einem hellen Traume wahrhaft geistig erscheinen können, und wie jener Magier, der später zu den Essäern gegangen ist und sich noch bei ihnen befindet, den gewissen Schläfern die Träume machte."
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Sagt Hiram und auch der unendlich aufmerksame Aziona: ,,Nun, darauf wären wir wahrlich mehr denn auf unsern Tod neugierig! Wir bitten dich inständigst darum, uns das so auf eine begreifliche Art zu erklären!"
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Sagt Johannes: ,,Nun gut denn, so höret mich an! Seht, wie wir deinen Traum von uns und unserer Ankunft in dir hervorgerufen haben, das habe ich ganz so getreu und wahr erklärt, als wie wahr und getreu meine nunmalige Erzählung deiner ägyptischen Kunstreise mit deiner holden Klia war, die dich dann allein nach Griechenland heimkehren ließ, weil es ihr in Memphis besser behagte! Das brauche ich dir demnach nicht mehr zu wiederholen, da du sonst wie denn auch jetzt ein starkes Gedächtnis besitzest. Es handelt sich sonach nur darum, wie der Magier seinen Schläfern die Träume gemacht hat!
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Sieh, die ganze Magiergesellschaft war sehr groß! Der offen Wirkenden gab es nur wenige, aber der mit ihnen einverstandenen Gäste sehr viele, die aber nie zu gleicher Zeit mit den Hauptmagiern in eine große Stadt einziehen durften. Sie kamen erst so nach, teils als Handelsleute, teils als andere Reisende und teils als Neugierige, die von den großen, wunderbaren Künstlern, die sich in dieser Stadt etwa jüngst produzieren sollten, schon die seltensten Dinge vernommen hatten und sie hier sehen wollten. Das waren die sogenannten Volkslärmschlager, lebten aber alle gut von einem und demselben Gewerbe, weil sie in einer großen Stadt stets Tausende von Pfunden davontrugen.
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Nun, diese geheimen Mitglieder der Magiergesellschaft waren bei den Produktionen nur ganz honette Zuschauer, wußten aber auf ein gegebenes Zeichen genau, wann sie zur größeren Volkstäuschung sich mochten gebrauchen lassen. Darunter waren denn auch mehrere, die bei der Traummacherei ihren geheimen Dienst zu versehen hatten. Jeder wußte schon lange, was ihm träumen werde, so er auch auf Verlangen des Magiers wie zufällig aus der Mitte der Zuschauer hervortrat und ganz pathetisch laut behauptete, daß er tausend Pfunde wette, daß ihm der Magier trotz seines magischen Ernstes, keinen Traum machen werde.
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Die Wette ward gewöhnlich angenommen, und der Polterer bestieg die Tribüne und mußte pro forma einen Schlaftrunk nehmen, bei dem sicher nicht ein Tropfen Mohnsaftes sich vorfand. Kurz, der Mann geriet auf einem Ruhebett bald in einen tiefen Schlaf, aus dem er mit aller Lärmerei nicht mehr zu erwecken war. Wenn unser Mann nun einmal - aber versteht sich, nur scheinbar - so recht fest schlief, so trat der Magier mit einem großen ehrfurchtgebietenden Pathos hervor und sagte zum Volke: ,Ist nicht jemand unter den vielen Zuschauern, der es wünschen möchte, was da diesem meine Kunst mit Füßen treten wollenden Schläfer träumen soll?`
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Es meldete sich bald einer aus der Zahl der vielen anwesenden Eingeweihten, etwa in der Form eines von Gold strotzenden, reichen Kaufmannes aus Rom oder aus Persepolis, oder in der Form eines andern stets sehr angesehenen Gastes, und sagte: ,Laß es mich versuchen, ob dem das träumen wird, was ich mir denke und von ihm geträumt haben will!`
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Darauf sprach der Magier mit aller Artigkeit: ,Hochachtbarster Herr Gast und Besucher dieser unserer großen Produktion, habe nun die Güte und teile ganz geheim deine Gedanken den andern hochverehrten Herren Gästen zum Zeugnisse mit, aber mir nicht; denn ich werde sie durch diesen Zauberstab aus der Luft einsaugen und sie sodann diesem Schläfer in einem Helltraume erscheinen lassen!`
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Darauf geschah das natürlich unter der allergespanntesten Aufmerksamkeit von allen Seiten. Der Magier steckte dann seinen Zauberstab in seinen Mund und tat, als sauge er im Ernste etwas aus der Luft ein. Endlich setzte er den Stab auf sein Haupt und berührte mit dem andern Ende des Stabes das Haupt des Schläfers nur einige Augenblicke lang.
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Darauf ward der Schläfer, um die Sache noch auffallender zu machen, durch einen mächtigen Posaunenruf erweckt, rieb sich einige Zeit die Augen, als wüßte er nicht recht, wo er sich nun befände. Allein, er kam dennoch bald vollends zu sich und wurde mit aller Artigkeit gefragt, ob er nicht wüßte, was ihm geträumt habe; denn es stünden tausend Pfunde in der Wette, die er offenbar verliere, so er nur das geträumt habe, was der Magier von ihm geträumt haben wollte. Habe er jedoch einen andern Traum gehabt, so würden ihm vom Magier augenblicklich die tausend Pfunde ausgezahlt. Aber er werde strengstens daran erinnert, die reinste Wahrheit kundzugeben, ansonst die wundersame Jungfrau gerufen und er vor Tausenden Lügen gestraft werden würde.
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Darauf begann der Schläfer, scheinbar etwas verlegen, seinen Traum zu erzählen, und als er zu Ende kam, bezeugten schon alle Gäste laut, daß das eben derselbe Traum sei, den sie schon eher gekannt hätten, als ihn noch der Magier durch seinen Zauberstab aus der Luft in sich eingesogen habe und solchen dann erst von ihm, dem Schläfer, träumen ließ.
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Hierauf stellte sich der Schläfer wie ganz zerknirscht von der Macht des Magiers, und der Magier spielte da gewöhnlich den Großmütigen und gab dem mutwilligen und unerfahrenen Wetter die tausend Pfunde mit dem Bemerken zurück, daß er ein nächstes Mal bei einem so kühnen Auftreten nicht mehr so nachsichtig behandelt werden würde, was dann natürlich noch mehr wohlgewogenen Beifall bei den Zuschauern erweckte.
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Da hast du nun umständlich das Ganze von der ägyptischen Traummacherei! Wie gefällt dir nun das Kunststück, und welchen Unterschied findest du zwischen ihm und unserer Traummacherei?"
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Sagt Hiram: ,,Aber genau so, wie es du nun ganz umständlich erzählt hast, ist es zu Memphis vor sich gegangen! Ah, das ist ja eine infame Betrügerei! Ah, ah, - nein, das ist zu dumm, daß ich das nicht schon damals gleich kapiert habe! Na, die Geschichte mit der wahrsagenden Jungfrau wird wohl auch ganz auf der gleichen Weise basiert sein!"
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Sagt Johannes: ,,Ja, ganz auf der gleichen Weise - bis auf das, was sie dir vorausgesagt hatte; aber da steckte ein ganz unsichtbarer Magier hinter ihr, der schon seit langem sein allsehend Auge auf dich gerichtet hatte! - Hast du mich nun schon etwas besser verstanden?"

Fußnoten