Das Grosse Evangelium Johannes: Band 5
Lehren und Taten Jesu während Seiner drei Lehramts-Jahre
Jesus in der Gegend von Cäsarea Philippi
Ev. Matth. Kap. 16 (Fortsetzung)
- Kapitel 160 -
Der egoistische Streber nach der Wiedergeburt
1
(Der Herr:) ,,Das ausschließliche Streben nach dem Reiche Gottes setzt die größte Tätigkeit voraus. Hat dann ein wahrer Jünger sich dasselbe vollends zu eigen gemacht, so wird sich schon auch jener König finden, der das wahre Verdienst auch wahrhaft belohnen wird, und so bleibt es durch alle die guten Sphären des menschlichen Lebens wahr, daß - wo immer und in was immer ein Mensch das Gute und das Wahre des Guten und Wahren selbst wegen tut und darin nach der wahren Vollendung streben wird - ihm die gerechte Anerkennung und das Verdienst von selbst hinzukommen wird und muß.
2
Es ist zum Exempel ein Mensch, dem es daran liegt, nach dieser Meiner Lehre zu erreichen die Wiedergeburt des Geistes, die wahrlich für niemanden unterm Wege verbleiben wird, der wahrhaft mit allem Eifer und gerechter Liebe ihr nachgestrebt hat. Dieser Exempelmensch weiß es, daß die Liebe zu Gott und zum Nächsten dazu der einzige und alleinige Weg ist. Er hält nun alle Gebote Gottes streng, liebt in seinem Herzen nach Möglichkeit Gott, erweist allen nach seinen guten Kräften nur Gutes und unterstützt die Armut reichlich, und wo er einen wahrhaft Gottesweisen weiß, begibt er sich zu ihm, unterstützt ihn reichlich und macht sich ihn zum Freunde.
3
Er tut das jahrelang; aber die verheißene und täglich mehr angehoffte, verlangte Wiedergeburt des Geistes erfolgt dennoch nicht. Er merkt wohl hie und da lichte Momente, aber es sind das nur Blitze, deren Leuchten keinen Bestand fassen will. Da spricht der jahrelang eifrige Bewerber um des Geistes Wiedergeburt: ,Nun fange ich aber an, die ganze Sache von der Wiedergeburt des Geistes für eine reine Fabel zu halten! Zwanzig volle Jahre habe ich nun bis zur Stunde alles getan, was nur immer die Lehre von mir verlangte, und dennoch stehe ich auf demselben Flecke, auf dem ich angefangen habe, danach zu leben und zu streben! Zu erreichen ist dabei der erfahrlichen Wahrheit gemäß nichts; also ist es am allergescheitesten, ich lebe als ein ordentlicher Mensch wieder weltlich fort und ziehe mich von allen den trüglichen geistigen zurück!`
4
Nun kommt hier die Hauptfrage: Ja, warum konnte denn dieser recht ehrlich strebende Mensch nicht zur Wiedergeburt des Geistes gelangen? - Eben darum, weil er alles Gute nur darum tat, um sie zu erreichen!
5
Wer Gott und den Nächsten eines anderen Motives wegen als Gott um Gottes und den Nächsten um des Nächsten willen liebt, der kommt nicht zur völligen Wiedergeburt, weil diese ein allerunmittelbarster Verband zwischen Gott und dem Menschen ist.
6
Durch ein solches Motiv setzt der Mensch stets eine wenn auch noch so dünne, aber dennoch das geistige Licht nicht durchlassende Scheidewand zwischen sich und Gott und kann darum nicht völlig eins werden mit dem Geiste Gottes. Solange aber diese Einung nicht vor sich geht, kann von der völligen Wiedergeburt keine Rede sein.
7
Ich sage es dir: Es muß aus der Seele jede Art irgendeines Eigennutzes weichen, und der Mensch muß als vollkommen frei dastehen, sodann erst kann er das Höchste erreichen! - Und nun sage du Mir, ob dir die Sache nun klar ist!"
8
Sagt Cyrenius: ,,Ja, nun bin ich auch darin ganz hellsehend in der Ordnung! Ja, zwischen Tun und Tun eines und desselben ist wahrlich ein ungeheurer Unterschied! Wenn man es aber weiß, dann kann man schon auch vollends recht tun, so man dazu nur den festen Willen hat, und an dem kann es wahrlich auch nicht fehlen bei einem Menschen, der den hellen und allein wahren Grund erkannt hat und den Weg, den er zu wandeln hat. Aber bis jemand eben das erkannt hat, dazu wird viel Zeit und Mühe erfordert; denn wenn man auch glaubt, die ganze Sache zu haben, so zeigt sich aber dennoch nur zu bald, daß einem noch so manches und sogar Allerwichtigstes abgegangen ist. Aber nun glaube ich, daß mir nun eben nicht gar zu viel mehr abgehen dürfte! Geht mir aber dennoch irgend etwas ab, so hoffe ich, daß Deine Liebe, o Herr, mir dasselbe zur rechten Zeit verschaffen wird.
9
Aber nun kommen, wie ich sehe, unsere Pharisäer schon wieder zurück, und ihr Hauptanführer ist mit dem Markus in einem Hauptdiskurse begriffen. Bin selbst recht neugierig, welchen Effekt der tiefere Einblick in diese Deine Wunderwerke gemacht hat!"