Himmelsgaben
Band 3
Worte aus der Höhe der Höhen, neben den großen Werken der Neuoffenbarung
- Kapitel 38 -
Versuchung des Herrn in der Wüste
Lukas 11,1-13. - 20. Februar 1842, vormittags von 9 bis 3/4 11 Uhr.
1
Sieh, da sind wieder sehr leichte Stellen der Schrift, und ihr verstehet sie nicht. Warum aber versteht ihr sie nicht? Dieweil ihr noch immer mit dem großen Wörteraufschlagbuche des Lebens, welches allein die Liebe ist, nicht umzugehen wißt. Wenn ihr das Wesen der Liebe recht erfassen möchtet, wahrlich, bis in den Mittelpunkt der Erde gäbe es auch nicht ein sandkörnchengroßes Plätzchen, das sich euch nicht sobald als eine vollkommen enthüllte Welt darstellen möchte. Allein, es ist leichter zu zerstreuen als zu sammeln; ihr auch seid noch stark darinnen vertieft, wo die Strahlen zerstreut werden. Aber nur im Brennpunkte ist das Wesen vollkommen vorhanden, in der Zerstreuung aber nur atomenweise.
2
Also ist auch das Wort durch den Buchstaben in der Zerstreuung der Welt gegeben, in welcher Zerstreuung da wohl niemand den Brennpunkt des Wortes ersehen kann. So aber jemand dieses zerstreute Wort in sich zu sammeln anfängt, so leitet er dadurch alle diese zerstreuten geistigen Strahlen auf einen gemeinsamen Punkt in seinem Herzen. Und dieser Punkt ist ein Brennpunkt und entzündet das empfängliche Herz in der Liebe zu Mir und erleuchtet dann durch die Flamme der Liebe das große Geheimnis Gottes in ihm selbst. Was aber ist dieses Geheimnis Gottes? Nichts anderes als die ewige Liebe! Was aber ist diese Liebe? Sie ist der Geist Gottes im Menschen, durch welchen allein alles Leben kommt - und besonders das ewige Leben des Menschen. So ihr nun dieses wisset, daß der Geist Gottes nichts anderes ist und sein kann als die ewige Liebe in Gott, da habet ihr den wahren Brennpunkt schon in euch, mit welchem ihr die Tiefen der Gottheit erleuchtet beschauen k ö n n t.
3
Was sind denn die Tiefen der Gottheit? Das ist das zerstreute Wort Gottes in dem Buchstabensinne vor euch, in welchem niemand ohne den Geist Gottes den inneren Sinn oder die Tiefen der Gottheit erforschen kann. Saget ihr aber ja doch selbst schon in weltlichen Dingen, daß die Liebe ein goldener Schlüssel ist, vor welchem kein Schloß sicher ist. Sehet, dieses alte, in eurer Zeit schon freilich mehr verklungene Sprichwort ist ein wahres vox populi und vox Dei; denn die Liebe ist wahrhaft derjenige Schlüssel, mittelst welchem jedermann sogar bis in das Zentrum Meines Herzens dringen kann.
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Da wir nun dieses wissen, so lasset uns versuchen, ob dieser Hauptschlüssel nicht auch das vorliegende Geheimnis Meines Wortes durch den Mund des Lukas erschließt.
5
Vorerst aber muß eine Stelle vorangehen, damit dadurch alles andere erleuchtet wird. Diese Stelle lautet also: ,,Und der Geist Gottes kam sichtbar über ihn" (Luk.3,22; Matth.3,16; Mark.1,10). Diese wenigen Worte sind der Schlüssel zu dem ganzen Geheimnis der vorliegenden Stellen. Also ist aber solches zu verstehen:
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Bis zu dieser Zeit war Jesus ein Mensch, welchen der Vater ganz vollkommen für Sich erzog, und dieser Mensch Jesus war der Sohn Gottes darum, weil ihn Gott unmittelbar für Seine allerhöchste Aufnahme durch eine Jungfrau geboren werden ließ und ihm auch von Seiner allerhöchsten Seite Selbst die gehörige Erziehung gab. So war dieser Jesus bis auf diesen ersten Auftrittszeitpunkt weiter nichts als ein noch unbekanntes fleischgewordenes Wort Gottes und mußte als Mensch sich freitätig gleich jedem anderen Menschen durch die alleräußersten Selbstverleugnungen auf das allertüchtigste vorbereiten zum bevorstehenden Vollempfange des Geistes Gottes.
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Nun eben am Flusse Jordan, da Johannes die allerstrengsten Werke der Buße predigte, mußte auch Er Sich hinbegeben, gleich also, als wäre Er einer unter den vielen Sündern. Und so hat Jesus als der ewig reinste Gottmensch gewisserart Sich Selbst also gedemütigt, daß Er daselbst unter die Scharen der Sünder trat und Sich ihnen gleich die Taufe der Buße geben ließ. Was geschieht aber nun bei dieser Seiner ersten größten Demütigung?
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Der Geist Gottes kommt sichtbar über Ihn, das heißt, die Liebe Gottes des ewigen Vaters nimmt nun volle Wohnung im Menschen Jesus und spricht Sich auch eben bei dieser Handlung jedermann vernehmlich aus, indem Sie von Oben die Worte zu jedermanns Ohren sendet: ,,Dieser Mensch Jesus ist Mein geliebter Sohn, an dem Ich ein Wohlgefallen habe" - das heißt: mit welchem Ich Mich jetzt auf ewig unzertrennlich in Eins verbinde. Diesem Menschen Jesus sollet ihr von nun an folgen und hören Sein Wo r t !
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Sehet, hier ist Jesus Eins mit dem Vater, so zwar, daß da zwischen Ihm und dem Vater es keinen Unterschied mehr gibt. Und dieses vollkommene Eins ist nun ja doch unmöglich etwas anderes als die Liebe, nicht aber irgend eine Zerstreuung; denn die Liebe ist eine Vereinigung, welche hier doch für jedermann sichtbar geschieht, und kann nimmer eine Zerstreuung sein, in welcher ewig nimmer eine Einung denkbar ist.
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Wenn es dann nun heißt: ,,Jesus wurde vom Geiste in die Wüste geführt", so wird das etwa doch soviel heißen als: Er wurde, von der allerhöchsten Liebe aus Sich Selbst getrieben, in die öde, wüste Welt der Menschheit hinausgeführt. Wenn es da heißt: ,,Damit Er versuchet würde vom Satan", so ist das ja doch mit der Voraussetzung der Liebe überaus leicht zu verstehen und heißt mit anderen Worten nichts anderes, als daß diese ewige unendliche Liebe selbst das Allerverworfenste aus Sich nicht ausschließt, sondern sie stellet Sich ihm dar, damit auch dieses erkennen möchte, daß in Gott nicht die allerhöchste Hoffart, wie seine grundirrige Idee ist, sondern nur die allerhöchste Demut wohnt.
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Wodurch aber konnte eben die ewige Liebe dem Satan zeigen, daß in Ihr die höchste Demut zu Hause ist? Diese Frage beantwortet sich von selbst, so ihr die dem Satan zugelassenen drei Versuchungen nur einigermaßen mit dem geistig aufmerksamen Auge beleuchtet.
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Aus Liebe fastet der Gottmensch und läßt über Sich Selbst einen großen Hunger kommen und zeigt dann bei der ersten Versuchung, daß die wahre Liebe auch bei dem größten eigenen Bedürfnisse sich noch gar wohl verleugnen kann - und ist ihr mehr jegliches Wort der Liebe für die Erhaltung aller geschaffenen Wesen denn die eigene Sättigung selbst. Darum auch in der Antwort gezeigt ist: Der Mensch lebt nicht nur vom Brote, sondern vielmehr von jeglichem Worte aus dem Munde der Liebe Gottes.
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Wer wird hier verkennen, was der Geist Gottes seinem Gegner und Abtrünnigen auf das allerfaßlichste vorstellt, da Er ihm den Weg zur Umkehr zeigt und ihm sagt im Geiste: Siehe, dahier ist auch der Platz für dich, nehme auf die Liebe aus Mir und laß fahren das harte steinige Brot der Welt, so wirst auch du leben!
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Und wieder bei einer anderen Versuchung, da der Gegner noch einmal die Demut in dem Gottmenschen prüft, wird ihm entgegen bedeutet, daß auch er von der Liebe berufen ist, in Ihr nicht die Demut zu prüfen, sondern dafür lieber selbst Ihr zu dienen.
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Und wieder bei einer anderen Versuchung wird ihm sein Werk hart verwiesen und ihm abermals gezeigt, daß er umkehren soll und solle Gott dienen und Ihn nicht versuchen.
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Wer wird da wohl so blind sein und nicht sehen wollen, was der Geist Gottes hier ohne die geringste Beschränkung des freien Willens Seines Gegners bewirken wollte, nachdem Er ihm hier gezeigt hatte, daß Ihn nur die höchste Liebe zu ihm geführt hat? Und dann aber auch ihm auf der Seite der höchsten Liebe zu zeigen, sprach ebenfalls dieselbe Liebe, daß es nicht in der Ordnung ist und unmöglich sein kann, daß sich Gott demütigen könnte vor einem Seiner Geschöpfe, sondern daß solches allzeit der umgekehrte Fall sein müsse.
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Wenn ihr nun dieses nur einigermaßen gehörig durchdenket, so werdet ihr ja doch unmöglich wieder fragen können, was da verstanden wird unter dem Geiste Gottes, und wie und warum Dieser Jesum geführt hat in die Wüste.
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Wohl aber könntet ihr fragen, wie steht diese Begebenheit zu uns? Diese Frage ist ebenso leicht zu beantworten, so ihr die Wüste eures Lebens nur ein wenig betrachtet: wie Ich Mich von Meiner Vaterliebe in diese eure Wüste führen lasse und da oft gar lange fasten muß und werde von euch harten Gegnern wohl öfter als dreimal versucht und muß da lange in der größten Dürftigkeit und in der größten Armut warten und harren, bis die Geister eures Herzens zu Engeln werden, auf daß sie Mir dann zu dienen anfangen.
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Daher beachte auch ein jeder die Worte, die in diesen drei Versuchungen an den Satan gerichtet sind. Denn ein jeder Mensch ist zuvor ein Leibeigener des Satans, bis er erst wird ein Eigentum Meiner Liebe. Damit er aber das werde, komme Ich ja zu jedem in seine eigene Wüste durch den Geist der Liebe und lasse Mich lange von ihm in allerlei versuchen, damit er dadurch Meine endlose Liebe und allergrößte Demut erkennen solle. Wer da aber verharret gleich dem, der Mich in der Wüste versucht hatte, was Wunder wird es sein, wenn er am Ende auch die Worte aus Meinem Munde wird vernehmen müssen: Weiche von Mir, Satan! - Solches beachtet wohl und überdenket es in eurem Leben, so werdet ihr das Leben haben durch einen und denselben Geist Gottes ewig Amen. - - -