Die Geistige Sonne
Band 1
Mitteilungen über die geistigen Lebensverhältnisse des Jenseits
- Kapitel 64 -
Erlösung der armen Gefangenen. Gericht und Jüngster Tag
Da aber die Priorin solches geschehen sieht, macht sie sobald ein Kreuz um das andere, nimmt ihre Zuflucht zu einem Weihbrunnkessel und sprengt das Weihwasser tätig nach unserem Beichtvater und nach unserer Dame; auch ruft sie mit aller Kraft die Schwestern zur tätigen Mithilfe. Diese kommen auch sobald herbei, starren unseren Beichtvater an und können durchaus nichts Teuflisches an ihm entdecken. Nun macht die Vorsteherin ein großes Kreuz vor sich hin, nähert sich dem Beichtvater und der Dame, will sich mit Gewalt ihrer bemächtigen und spricht mit gellend lauter Stimme: Du abscheulicher höllischer Teufel, der du die verfluchte Keckheit hattest, durch Lug und Betrug dich in der Gestalt eines Lichtengels in unser Heiligtum hereinzuschwärzen, ich befehle dir im Namen der heiligen Dreieinigkeit, der allerheiligsten Jungfrau Maria, des hl. Joseph und der hl. Theresia, daß du auf der Stelle entweichest von diesem heiligen Orte und alsbald zurückkehrest in deine ewige Verdammnis und in dein höllisches Feuer und brennest dort ewig und ewig!
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Nun sehet, unser Beichtvater läßt sich durch diesen schrecklichen, exorzistischen Bannfluch nicht im geringsten irremachen und spricht: Höre, du blinde Vorsteherin dieser armen Herde, du nanntest mich einen Teufel und hast mich auch darob ganz gehörig verdammt; sage mir, ob ich als dein vermeintlicher Teufel mit dir und mit dieser Schwester hier etwas Ähnliches getan habe?
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Ich habe dieser Schwester nur das gesagt, was hier im Reiche der Geister die volle Wahrheit ist, und dich durch sie rufen lassen, damit auch du als Vorsteherin in der göttlichen Wahrheit näher unterrichtet würdest. Anstatt aber mich anhören zu wollen, hast du gleich das glühendste Richterschwert ergriffen und wolltest diese arme Schwester entweder, so es dir möglich wäre, mit einem Streiche totschlagen oder sie wohl gar sogleich der Hölle überliefern.
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Ich, als dein Teufel, erbarmte mich der armen Schwester und rettete sie durch meine Macht von deiner Wut; dafür aber hast du mich exorzistisch in den höllischen Bannfluch getan.
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Wenn wir nun unsere Herzen einander gegenüberhalten, so wäre da eine gar große und wichtige Frage zu beantworten: in welchem sich wohl mehr der wahren Nächstenliebe vorfinden möchte, ob in deinem himmlisch sein wollenden oder ob in meinem teuflisch sein sollenden?
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Ich sage dir aber: Mit deiner Herrschaft über diese arme blinde Herde hat es nun ein Ende! Die Theresia hatte auf der Erde diesen Orden wohl gestiftet. Aber zu ihrer Zeit und in ihrer Regel war eine wahre Nächstenliebe der Grund und Liebtätigkeit die Hauptordensregel sowie die notwendige Reinheit des Herzens, welche Regel die Theresia in den gestifteten Orden einführte. Und also war dieser Orden unter solchen Bedingungen dem Herrn auch genehm; aber deine Regel, verbunden mit der allerstrengsten Klausur und dem vielfältigen, für euch alle zumeist unverständigen Lippengebete ist dem Herrn ein Greuel und durchaus in keinem Teile genehm, besonders aber, wenn sich, wie es eben bei dir der Fall ist, eine wahre tyrannisch despotische Herrschsucht, vermählt mit dem blindesten Wahne, in den Orden eingeschlichen hat!
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Habt ihr auf der Welt wohl je gehört, daß es in der geistigen Welt auch nach dem Leibestode Klöster und solche klösterliche Klausuren gibt? So viel ich weiß, habt ihr nur geglaubt, nach dem Tode des Leibes entweder bis zum Jüngsten Gerichte in einen süßen Seelenschlaf überzugehen oder in das Paradies zu kommen, wohl auch alsogleich in den Himmel. Wenn ihr aber unwidersprechbar solches geglaubt habt, wie ist denn sonach dieses Kloster entstanden?
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Sehet, ihr stehet auf diese meine Frage stumm da und wisset mir kein Wort zu erwidern. Diese nämliche Frage hatte zuvor auch diese arme Schwester an dich, Vorsteherin, gerichtet. Da du ihr so wenig wie mir eine Antwort zu geben vermochtest, entbranntest du darob in heftigstem Zorne und gabst der Fragenden eine betäubende Maulschelle.
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Nun aber sage ich dir, woher dieses Kloster rührt. Es rührt von deiner herrschsüchtigen Begründung her, und so hast nur du, zufolge deines blinden Wahnes, durch Lug und Trug für dich und diese armen Schwestern auch hier in der geistigen Welt solche Klausur errichtet. Daher ist diese Klausur auch nur eine Trug-Klausur und Gott, dem Herrn, sicher in keinem Teile angenehm; und ich habe die Macht, obgleich ich als ein wahrer Beelzebub vor dir erscheinen muß, diese Klausur für alle diese armen Schwestern aufzuheben und sie allesamt frei hinauszuführen, dich aber in dieser deiner Klausur allein zu belassen, so lange, bis du in dir selbst reuig inne wirst, daß solch eine Klausur eine irrige Begründung des Geistes und in ihr weder irgendeine Wahrheit noch irgend etwas Gutes ist.
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Damit aber du und alle die armen Schwestern erkennen möchten, daß ich vollkommene Macht habe, solches zu tun, und das nicht vom Beelzebub, den du, Oberin, besprengt hast mit deinem Weihwasser, sondern unmittelbar von Gott aus, so zeige ich euch allen fürs erste an, daß diese von mir gerettete Schwester eben die Theresia selbst ist, welche von mir aus zu euch gesandt ward, um euch von eurem Wahne zu befreien. Fürs zweite aber zeige Ich euch an, daß Ich Selbst der nämliche bin, den die Theresia so sehr liebte! - Wollet ihr solches nicht glauben, so leget gleich einem Thomas eure Hände in Meine Wundmale!
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Und nun siehe, du Oberin dieses Klosters, du hast Mich verdammt in deiner großen Blindheit. Siehe, auch Ich hätte Macht, dich zu verdammen, aber damit du siehst, daß Ich besser bin als dein Orden, so verdamme Ich dich nicht, sondern belehre dich und zeige dir den Weg zu Mir. Doch jetzt kannst du Mir nicht folgen, sondern erst dann, wenn du dein trügliches Kloster vom Grunde aus wirst niedergerissen haben. -
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Nun sehet, alle die Schwestern fallen vor dem Herrn nieder und loben und preisen Ihn ob Seiner großen Liebe und Erbarmung und flehen zu Ihm um Gnade für die Oberin. Und der Herr spricht: Es sei, um was ihr gebeten habt! Aber die Oberin hat noch ihren freien Willen und wird ihn ewig behalten. Will sie das Kloster niederreißen, so mag sie mit euch ziehen; will sie es aber behalten, so werde Ich es ihr auch nicht um eine Sekunde eher abnehmen, als bis sie es Mir freiwillig abtreten wird.
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Sehet, die Oberin steht wie versteinert vor der Gesellschaft der Schwestern und weiß nicht, was sie nun tun soll, denn sie hält bei sich diese Szene noch immer für einen außerordentlichen Teufelsspuk. Und der Herr spricht zu ihr: Wie denkst du denn in dir? War es bei euch denn nicht ein Glaubenssatz, daß der Satan vor dem Namen Jesu Christi fliehen müsse, und daß sich vor diesem Namen alle Knie beugen müssen im Himmel, auf Erden und unter der Erde? Wenn aber schon der Satan eine solche gewaltige Furcht vor dem Namen Jesu hat, wird er Ihn wohl selbst aussprechen, oder sich gar in Seine Gestalt umwandeln? Siehe, wie groß deine Torheit ist! Du aber bist für ein reineres Licht noch nicht reif und wirst so lange nicht reif sein, bis du nicht den letzten Stein dieses Klosters in dir vernichten wirst.
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Ich sage dir aber noch hinzu, daß du dich allein an Mich zu wenden hast, so du je aus deiner Klausur möchtest befreit werden.
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Auf deinen ,,Jüngsten Tag" wirst du vergeblich warten; denn dieser ist und dauert für alle Menschen fortwährend. Er ist für die Liebegerechten ein Tag der Auferstehung zum ewigen Leben, welches ist die vollkommene Wiedergeburt des Geistes. Er ist aber auch ein Tag des Gerichtes für alle jene, die Mich nicht im Geiste und nicht in der Wahrheit und somit in aller Liebe in sich aufnehmen wollten.
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Nun weißt du, wie du daran bist; kehre dich darnach, so wirst du deinen jüngsten Tag zum ewigen Leben erreicht haben, sonst aber wird dir diese Sonne, welche diesen Tag erleuchtet, wohl Ewigkeiten hindurch nicht mehr aufgehen!
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Hier wendet Sich der Herr zu den Schwestern und heißt sie alle Ihm folgen. Wie ihr aber im Geist sehen könnet, so wirft sich endlich auch die Oberin wie verzweifelnd vor Ihm nieder und bittet Ihn, daß Er sie, nachdem sie Ihn nun erkannt habe, nicht so allein zurücklassen solle. Und der Herr spricht zu ihr: Siehe hier Meine liebe Schwester, die Theresia, Ich will, daß sie bei dir verbleibe und dir helfe dein Kloster zerstören. Und sehet, die Theresia hebt sobald mit aller Liebe die Oberin auf, führt sie zurück und zeigt ihr die wahren Wege des Herrn.
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Der Herr aber zieht mit Seinen unschuldigen Lämmern dem ewigen Morgen zu! - Es wird nicht lange dauern, daß unsere liebe Jüngerin des Herrn ihre noch blinde Schwester von ihrer Klausur befreien wird. Jedoch wird diese nicht sobald in den Morgen, sondern in den Mittag oder in den zweiten Himmel gebracht werden.
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Und so habt ihr wieder eine andere Art und Weise der Befreiung aus einem irrtümlichen geistigen Seligkeitsorte gesehen, welcher freilich einer von der besseren Art war. Es gibt aber deren in dieser Art noch eine große Menge, mit denen es um vieles schwerer geht. - Nächstens wollen wir ein männliches Kloster der Art in Augenschein nehmen. Es soll ebenfalls eines der strengsten sein und ihr werdet sehen, mit welchen Schwierigkeiten das Leben da zu kämpfen hat, wo die Flut falscher Begründungen desselben Saat völlig erstickt hat.
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Daher soll sich ja niemand in etwas begründen, sondern soll allein die Liebe zum Herrn und zu seinem Nächsten als die alleinige Richtschnur des Lebens nehmen. Denn die Liebe ist ein gutes Erdreich, auf dem der Same des Lebens bestens fortkommt; wird aber dieses Erdreich zuvor mit Unkraut besät, so wird dann auf demselben der gute Same nur mühsam fortkommen. - Solches werden wir beim nächsten Beispiel klar ersehen. Und somit gut für heute!