Gottes Neue Offenbarungen

Bischof Martin

Die Entwicklung einer Seele im Jenseits

- Kapitel 164 -

Logische Darlegungen des Petrus und Behebung der Zweifel des Sonnenältesten hinsichtlich des sichtbar anwesenden Herrn

Spricht der Weise: ,,Lieber Freund, der wird es etwa doch nicht sein, der dort in der Mitte von zwei Weibern wandelt, vor denen - wie es mir vorkommt - eben jene drei Töchter dieses Hauses einhergehen, die wir früher dahin abgesandt hatten, wo ihr wart und nicht weitergehen wolltet oder durftet?!
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Siehe, bei uns wäre es im höchsten Grade unschicksam, so sich auch nur ein Weiser dritten Ranges von Weibern führen ließe! Wie sollen wir danach erst das ansehen, so der allerhöchste Gott, von dem doch alle Gesetze der Ordnung herrühren müssen, Sich von Weibern führen läßt? Natürlich vorausgesetzt, daß jener eben nichts Besonderes verratende Geist oder vielmehr Mensch ein solcher Gott ist!"
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Spricht Petrus: ,,Freund, hast du dein ganzes Leben hindurch nicht verschiedene Dinge entweder zu deinem nützlichen Gebrauche oder bloß nur zu deinem Vergnügen verfertigt?
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Du sagst: ,O ja, eine Menge zu beiderlei Bestimmungen!`
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Gut, so du also verschiedene Dinge verfertigt hast, da sage mir, ob sich darunter auch eines befindet, von dem du behaupten könntest: ,Dieses Werk ist meiner nicht wert! Ich schäme mich dessen, und es wäre wider alle Ordnung und im höchsten Grade unschicksam, dieses Werk mit meinen Augen anzusehen oder gar mit meinen Händen anzurühren.`
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Du sprichst: ,Nein!` Denn hättest du ein solches Werk, wie wohl hättest du es verfertigen können, so es weder deiner Augen noch deiner Hände würdig wäre? Siehe, sehr richtig hast du da geredet und es ist auch so. Nun aber höre:
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Wenn du schon keines deiner Werke für so schlecht hältst, daß es deiner unwürdig wäre, so du doch gegen Gott ein allerunvollkommenster Meister deiner Werke bist: wie sollst du dann von Gott eine Ordnungstugend verlangen, der doch der ewig vollkommenste Meister aller Seiner Werke ist?
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Sage mir, welches Gotteswerk wohl findest du so schlecht, daß Sich Gott dessen schämen sollte? Oder sollte Er als ewiger Herr all Seiner unendlichen Werke etwa von uns, eben Seinen Werken, erst das schicksame Recht erbitten und die Bestimmung, ob und mit welchem Werke Er umgehen dürfe! - Was meinst du in dieser Hinsicht?"
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Spricht der Weise: ,,O Freund, ich sehe nun ganz klar, daß du ein überaus tiefer Weiser bist. Jeder deiner Sätze hat den allerfestesten Grund, und es läßt sich dagegen nichts stellen! Und so fange ich nun auch an, ernstlich solchen Glauben zu fassen, daß jener ganz einfach aussehende Mensch gar wohl das allerhöchste Gottwesen in Sich fassen kann. Denn konnte Er das auf dem kleinen Heiligen Planeten - wie wir von Seinen Engeln unterwiesen worden sind, - warum sollte Ihm das hier auf dieser großen und lichten Welt unmöglich sein?
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Du siehst, daß ich solches wohl annehmen kann und auch annehme. Aber nun kommt eine andere, gar schrecklich wichtigere Frage: Freund, so Er es aber ist, Er, der Allgewaltigste, Heiligste und endlos Weiseste - Er, der sogar für unsere größten und tiefsten Gedanken zu erhaben und heilig ist, als daß sich auch nur der höchste und reinste Weise je getrauen dürfte, Seinen Namen zu denken; - wie, frage ich, werden wir Ihn empfangen und vor Ihm bestehen!"
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Spricht Petrus: ,,Freund, Er ist uns schon ziemlich nahe. Sehe Ihn einmal mit deinen scharfen Augen recht fest an und sage mir dann, ob Er wohl gar so fürchterlich, grimmig und erschrecklich aussieht. Sage mir auch, ob die drei Töchter dieses Hauses, die sich fortwährend nach Ihm umsehen und überaus heiter gestimmt zu sein scheinen, auch von deiner großen Furcht etwas in sich verspüren mögen?"
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Spricht der Weise: ,,O Freund, so etwas entdecke ich nicht. Er sieht überaus gut, sanft und mild aus, und die drei habe ich noch nie so nahezu ausgelassen heiter gesehen!"
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Spricht Petrus: ,,Nun, so du das merkst, wie kannst du dann also fragen? Ich sage dir: Fürchte dich vor Ihm nur nicht! Denn wo Er kommt, da kommt Er allzeit aus Liebe - und ewig nie aus Zorn und Rache. Obschon Zorn und Rache gleich wie die Liebe ewig Sein sind und daher niemand Zorn haben und Rache üben soll an seinen Nebengeschöpfen.
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Denn der Zorn ist allein Gottes und die Rache des Richters. Die Liebe aber ist des Vaters, und diese gibt Er Seinen Kindern, sucht sie bei ihnen und kommt, so Er kommt, weder im Zorne, noch in der Rache. Er kommt allzeit in der Liebe als Vater zu Seinen Kindern, die Er eben aus Liebe nach Seiner Gestalt gebildet und in ihr Herz die wunderbarste Bestimmung gelegt hat, ganz das werden zu können, was Er Selbst ist.
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Wenn nun aber solches der ewigen Wahrheit gemäß so ist, wäre es da wohl weise, sich vor Dem zu fürchten, der gegen uns die Liebe Selbst ist?
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Fürchtest du dich doch vor mir nicht, der ich auch so viel Macht und Kraft besitze, daß ich durch den leisesten Gedanken diese ganze Welt in einem Augenblicke zerstören und eine andere hervorrufen könnte! Da du dich aber vor mir nicht fürchtest, der ich ebenfalls alle Macht aus dem Herrn in mir habe, aber dabei ewig nie so gut sein werde, wie Er ist: wie sollst du dich dann vor Ihm fürchten, dessen Güte endlos ist?
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Fürchte dich also nicht, sondern freue dich über alle Maßen, darum dir und dieser Welt nun eine so unbegrenzt große Gnade widerfährt! Dann wird auch Er Freude an dir und euch allen haben und wird euch helfen, da ihr am meisten Seiner Hilfe bedürft! Aber nun, Freund, ordne dein Herz; denn nur wenige Schritte, und Er ist in unserer Mitte!"
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Spricht der Weise: ,,O Freund, ob mein Herz geordnet ist, weiß ich nicht zu sagen. Aber daß ich große Liebe zu Ihm empfinde, fühle ich nun zum ersten Male lebendig!
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Ebenso habe ich mich nun ziemlich meiner Furcht entledigt unter folgenden mir nicht unweise vorkommenden Voraussetzungen: Zufolge richtigen Denkens kann ich als Geschöpf unmöglich mehr sein und werden als nur das, was ich bin, nämlich ein Geschöpf, so kann auch Gott ebenso unmöglich weniger sein und werden, als was Er ist - nämlich Gott, das vollkommenste Grundurwesen, durch das jede andere wie immer geartete Wesenheit bedingt sein muß.
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Ohne Schöpfer läßt sich kein Geschöpf denken, wohl aber der Schöpfer ohne Geschöpf. Denn der Schöpfer ist schon das, was Er ist, durch Sein ewig klarstes Bewußtsein, demzufolge Er erschaffen kann, was und wann Er will. Das Geschöpf aber kann unmöglich zuvor je etwas sein, als bis es der allmächtige Wille des Schöpfers zu etwas gemacht hat.
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Ich ersehe im Schöpfer wie im Geschöpfe zwei Notwendigkeiten, von denen die zweite durch die erste bedingt erscheint; wenn aber diese Sache unmöglich anders als nur so zu betrachten ist, sehe ich durchaus nicht ein, wie ich mich als bedingte Notwendigkeit vor der ersten, unbedingten fürchten sollte!
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Ich denke mir die Sache zur größeren Beruhigung meines Gemütes so: Unsere große Welt hat auf ihrer Oberfläche eine Menge so kleiner Dinge, von denen das Volumen eines einzelnen zum Gesamtvolumen dieser ganzen Welt in einem unansehnlichsten Verhältnisse steht, wie beinahe das reine Nichts zur Unendlichkeit!
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Dessenungeachtet besteht das Kleinste neben dem Großen ganz unbeirrt und hat denselben Grund, sich seines Daseins zu erfreuen, wie das nahezu endlos Große. Ist es auch gegen das Große ein Nichts, so ist es aber doch gegen sich selbst vollkommen. Und ich denke da weiter: Ich kann freilich ewig nie werden, was da ist unser erhabenster, allmächtigster Schöpfer. Aber dagegen kann auch der Schöpfer trotz Seiner Allmacht nie werden, was ich bin, nämlich ein Geschöpf.
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Freilich ist an diesem leidenden Vorzuge nichts gelegen. Aber es ist dennoch eine eigentümliche Stufe, die vom Schöpfer in keinem Falle je betreten werden kann. Und so hat hier jede der zwei Notwendigkeiten etwas für sich: daß eben dieses Etwas vielleicht wohl scheinbar, aber in Wirklichkeit vom Gegenteile doch nie erreicht werden kann. Wenn ich dieses Verhältnis mir klar vor Augen stelle, so werde ich auch der gewissen Furcht überhoben, die mich bis jetzt befiel!"

Fußnoten