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»Das immerwährende Herzensgebet. Ein Weg geistiger Erfahrung«,
Das immerwährende Herzensgebet wird jederzeit, an jedem Ort im Innern verrichtet, so oft Herz und Sinn sich in Freiheit zu Gott erheben.
Dieses Gebet folgt dem Hinweis des HERRN, im verborgenen Kämmerlein zum VATER zu beten (Matth.6,6). Dieses geistige Kämmerlein ist das Menschenherz.
Man trägt es allerorts bei sich und vermag sich darin jederzeit, auch mitten unter Menschen, abzuschließen und den Geist stumm zu GOTT zu erheben.
In dem Maße, als wir die Gebote des Evangeliums erfüllen, reinigt sich unsere Leidenschaftsnatur; noch mehr erwärmt sich unser Herz im beschaulichen GOTT-
Gedenken.
Aber auch dann soll man das tätige Leben nicht lassen, denn es hilft der Beschaulichkeit und schützt vor Hochmut.
Beide Fähigkeiten entwickeln sich aneinander, wobei die Tätigkeit den Anfang des Weges, die Beschaulichkeit seinen Fortgang bestimmt. Niemand kann dieses Gesetz umgehen. Nur wer gelernt hat, treu seine tägliche Arbeit und das äußere Gebet zu verrichten, wird ebenso zuverlässig seine innere Regel tun. Wie willst du Maria sein und GOTT beschaulich dienen, wenn du nicht einmal die Stufe der Martha (des äußeren Dienstes) erfüllst?
Wie erhält man die innere Sammlung bei der täglichen Vielgeschäftigkeit? Tue deine Arbeit aufmerksam und fleißig, beständig und ohne Hast; wie ein Gotteswerk. Und deine Gedanken werden in IHM sein. Verrichte alle großen und kleinen Aufgaben vor GOTTES Angesicht, nimm jeden Begegnenden als von GOTT Gesandten und frage nach dem Willen GOTTES bei allem.
Im geistigen Leben ist es genauso wie in jedem Handwerk, jeder Kunst. Man kann nichts überspringen, nichts erraffen, was der inneren Reife nicht entspricht.
Handle stets nach deinem Gewissen, mit allem Eifer und Fleiß. Doch meide die Vielsorgerei, die dem Herzen keine Ruhe läßt. Vielsorgerei ist eine Krankheit des gefallenen Menschen, der selber sein Schicksal zu gestalten sucht und nach allen Seiten jagt. Das zersplittert die Gedanken und läßt sie sich nicht einmal auf den Gegenstand der Sorge sammeln. Vertreibe dieses Sorgen, tue eifrig deine Arbeit, weihe GOTT all dein Werk und lege alles in SEINE Hand.
Stürze dich nicht unmäßig in Arbeit, denn gut und nützlich ist es, alles mit Maß und Ordnung zu tun. Unmäßige Arbeit umnebelt den Verstand und kühlt das Herz. Nicht nur das Beten selbst, aber jedes Hinwenden von Herz und Hirn zu GOTT bei allem, was man tut, ist bereits Gebet... . So wird dein ganzes Leben GOTT geweiht. Das ist alles. So einfach ist das.
Danke für jedes Abwenden von drohendem Unheil, für jeden Ausgleich der Folgen deines Versagens.
Das Bewußtwerden der Güte GOTTES, vor allem gegen uns selbst, erwärmt das Herz für IHN. Denn die Liebe entzündet Liebe. Erfühlst du die Liebe GOTTES zu dir, so kannst du nicht kalt zu IHM bleiben.
Denkendes Betrachten allein führt jedoch nicht zum Erstrebten. Der neugierige Verstand dringt in alles, verliert sich in scharfsinnigen Gespinsten, verstrickt sich in Wissensinhalten oder ergeht sich selbstherrlich in unverbindlich gespiegeltem Wissensgut. Auch wer das ganze Evangelium auswendig kennt, handelt unklug, wenn er die gewonnene Wahrheit nicht anwendet: Alles bleibt wie ein toter Sandhaufen in seinem Kopfe liegen und bringt keine Frucht. Die im geistigen Leben Erfahrenen warnen davor, den Intellekt auf Kosten alles anderen zu übertreiben. Sie lehnen es streng ab, die Heilige Schrift bloß theoretisch zu studieren: die denkende Betrachtung für sich allein ist nicht ungefährlich, denn sie gewöhnt an Leichtfertigkeit. Es ist viel leichter, zu spintisieren, als zu beten und nach innen zu lauschen.
Man weiß aus Erfahrung, daß auch große Schriftgelehrte nicht einen Deut vom geistigen Tun verstanden.
Während des Tages dringt vieles auf unser Bewußtsein ein und droht, die Aufmerksamkeit von GOTT abzulenken. Dagegen gibt es den Kunstgriff, auf die geistige Bedeutung aller Dinge einzugehen, alles geistig auszudeuten. Ein Beispiel: Riechst du den Duft der Rose, den Gestank des Aases, so sage dir, jede Seele entströmt ihren Duft. Eine gute Seele entströmt Wohlgeruch, eine leidenschaftliche Seele -- stinkt. Lernst du, alles Äußere gleichnishaft auszudeuten, so verbleibt die Aufmerksamkeit in GOTT. So wird alles Äußere zu einem weisen Lehrmeister.
Ebenso gibt es im geistigen Leben Stufen der Reife, und es ist eine Tatsache, nicht eine Beleidigung, auf verschiedenen Stufen zu stehen. Niemand beklage sich darüber, daß ihm unerreichbar ist, was ein anderer erreicht. Vielmehr nehme jeder sein geistiges Alter in Selbsterkenntnis und Demut auf sich; denn die Last und Verantwortung höherer Gaben übersteigen ohnehin seine Kräfte. Der werktätig Betende wächst ihnen entgegen durch Aufmerksamkeit, Gottesfurcht, schmerzliche Selbsterkenntnis und reuevolle innere Erschütterung, welche sein Herz reinigen. Er überwindet müßige Denkgespinste, Leidenschaften und Handlungen aus selbstsüchtiger Willkür. Das heranwachsende Herzensgebet erfüllt immer mehr mit Geistesfreudigkeit und Frieden.
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Die erleuchteten Väter bezeichnen das Verrichten des verständigen Gebetes als -- Kunst; sie beruht darin, den Verstand in wacher Nüchternheit über dem Herzen zu heften, alle Arten von Anfechtungen zu überwinden, zu sehen, wie, wann, woher und in welchem Ausmaß diese nahen. Sodann das Gebet gegen sie zu richten, bis sie schwinden, und dann wiederum auf seinen Wachtposten zurückzukehren.
Wache Nüchternheit ist eine geistige Kunst, die den Menschen mit Hilfe GOTTES völlig von leidenschaftlichen Gedanken, Worten und Handlungen befreit.
Das Wachen des Verstandes im Herzensgebet ist lichtzeugend, blitzhaft, Licht verbreitend, feuerzeugend. Der Mensch wird aus einem Vernunftlosen und Unnützen zu einem Reinen, Fruchtbringenden und Weisen in CHRISTUS.
Die Frage nach dem Gebet wie nach dem christlichen Leben selbst vermag man nicht bloß theoretisch zu lösen. In seinem tiefsten Grunde und Wesen wird das Christentum durch sein praktisches Ausüben beim geistigen Heranwachsen von Verstand und Herz erfaßt. Will man über die bloße äußere Form und theoretische Kenntnis seiner Wahrheiten hinaus das Christentum erkennen, so muß man es stufenweise durch lebensvolle Erfahrung und geistige Anstrengung erfassen. Dasselbe gilt für das Gebet.
Gedenken GOTTES erschließt der Seele, was in ihr ist. Erst wird ihr das Schlechte in ihrem Herzen bewußt, später auch das Gute. Zuerst bringt das GOTT-Gedenken alle Teufelsmacht in Bewegung, dann zähmt es sie allmählich.
Man soll möglichst schlicht und aufrichtig daran gehen, ohne sich anzuspannen und irgendwelche Gefühle aus sich pressen zu wollen; auch ohne den Gedanken, etwas Besonderes, Ungewöhnliches zu tun. Du mußt nur -- vor GOTTES Angesicht -- erkennen, daß du ein unvollkommener Mensch bist, der nach Rettung und Vervollkommnung der Seele sucht. Im Herzen mußt du -- wenigstens im Keim -- den aufrichtigen Glauben haben, daß JESUS CHRISTUS -- GOTT und in der Tat der Erlöser der Welt ist, der allein vermag, deine Seele zu erwecken, in ihr das wahre, reine und heilige Leben zu entfachen.
Um den Verstand auf den Inhalt des Gebetes zu konzentrieren, muß man ihn ins Herz führen. Denn im Kopf, wo die Gedanken einander drängen, kann er sich nicht sammeln. Wem das schwer fällt, besinne sich besonders behutsam auf den Sinn des Gebetes -- das erschließt das Herz. Sobald die Aufmerksamkeit ins Herz dringt, lenkt sie dorthin wie in einen Brennpunkt auch alle Kräfte der Seele.
Vor allem mußt du drei Dinge erfüllen: erstirb der Sorge, habe ein reines Gewissen und übe völligen Gleichmut.
Beim Gebet ist es fördernd, den Körper straff zu zu halten und das Bewußtsein auf das Herz zu konzentrieren. Eine straffe Körperhaltung bei angespannter Muskulatur wirkt auch auf den Geist straffend. Ein Gehenlassen der Glieder erschlafft auch den Geist.
Willst du unbehindert durch Hirngespinste mit dem Verstand in deinem Herzen wachen, so verbinde das JESUS-Gebet deinem Atem.
Das Leben in GOTT-Gegenwart hat eine mächtige, wandelnde Kraft; unter ihrem Einwirken ändert sich das ganze Gefüge der Seele. Der Mensch gewinnt zunehmend Selbsterkenntnis und zugleich auch die Kraft, seine Schwächen zu überwinden und sich nach und nach zu vervollkommnen.
Der Weg zur Vervollkommnung ist ein Weg der Selbsterkenntnis, daß du blind, taub, bettelarm und nackt bist. Solche Gefühle des Schmerzes über die eigene Unzulänglichkeit sind sichere Mittler innerer Wandlung. Wer sie flieht, flieht den Pfad selbst.
Eine geistige Leidenschaft ist der Hochmut. Er ist Quell alles Bösen, Ursprung und Gipfel aller Leidenschaft. Hochmut ist Ablehnen GOTTES und Auflehnen gegen IHN.Er ist eine Erfindung des Teufels, ein unmenschlicher Richter und erbarmungsloser Verurteiler, Ursprung von Zorn und Reizbarkeit. Der Hochmütige zieht sich -- sein Urteilen, Fühlen und Wollen -- allem anderen vor, stellt das eigene Selbst an Stelle GOTTES und dient sich selber.
Von GOTT abgewandt, betrachtet sich der Mensch als Selbstzweck. Das geschieht schon deshalb, weil der Abfall von GOTT -- der die Fülle ist -- den Menschen in seine eigene Leere, wie in einen bodenlosen Abgrund stürzt, ihn beständig mit einem unbestimmten, unstillbaren Durst erfüllt. Dieser treibt ihn, ein Leben lang im Schweiße seines Angesichts nach Scheinwerten zu jagen, die seine ganze Aufmerkamkeit, sein ganzes Herz fesseln.
Die Leere des Verstandes, der den EINEN SEIENDEN vergaß, erzeugt Neugier, den Drang nach Vielwisserei, Erkundigungen und Erforschungen.
Unausgefüllter Wille, der den Besitz des EINIGEN verlor, entfacht zahlreiche Begierden, Gewinnsucht, Drang nach Reichtum und Macht, um alles zu Willen zu haben.
Die Öde des Herzens, das den Genuß des ALLEINEN einbüßte, erzeugt die Genußsucht, den Durst nach zahlreichen Vergnügungen und Dingen, um das Gefühl zu befriedigen.
Nicht nur niedere Leidenschaften, auch Kunst, Wisenschaft und Technik, Beruf und Geselligkeit können zu Götzen werden, die uns in ihrer Macht halten und nicht zur Besinnung kommen lassen.
Wer achtlos lebt, verfällt leicht diesen drei Arten von Versuchungen, die den Verstand mit leeren Sorgen und müßigen oder giftigen Vermutungen erfüllen, das Gemüt an Zerstreuungen und Sinnlichkeit fesseln und den Willen durch Ehrgeize zur Rastlosigkeit anstacheln.
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Lerne, freie Gedanken von unwillkürlich auftretenden Hirngespinsten zu unterscheiden... Unwillkürliche Vorstellungen oder Hirngespinste ... hängen nicht von unserem freien Willen ab; sie tauchen unwillkürlich in unserem Bewußtsein auf als Vorstellung, Bild, Vermutung, Absicht, Wunsch, Erinnerung usw. Die Lehrer des geistigen Lebens raten, sie abzuweisen, ganz gleich, ob sie gut oder böse sind, weil der freie Menschengeist sich nicht in der Gewalt unwillkürlich in seinem Bewußtsein aufsteigender Bilder halten soll.
Beachte deine Vorstellungen, welche kommen und gehen, Gedanken, die dich besonders umtreiben, Stimmungen und Zustände, welche stets in dir sind oder Tage und Stunden andauern. Das alles dient dir als Anzeichen dessen, was in dir lebt. Bekämpfe diese Eindringlinge.
Versuchungen durch Hirngespinste wirken in einer bestimmten Aufeinanderfolge: zunächst ersteht in unserem Bewußtsein die einfache Vorstellung eines Gedankens oder Gegenstandes -- der Anschlag; wird dieser aufgenommen, so treten wir in Beziehung dazu, stimmen zu, verbinden uns damit und werden von der Vorstellung gefesselt; sie nimmt von uns Besitz und versklavt uns schließlich in Leidenschaft... .
Der Anschlag als solcher verdient weder Lob noch Tadel, denn er hängt nicht von uns selber ab. Weisen wir ihn sogleich ab, so ist die ganze Versuchung beendet.
Die Kraft, Anfechtungen zu ertragen, ist ein Maß deiner inneren Reife. Du kannst darum leicht erkennen, auf welcher Stufe der Reife du stehst. Wirst du gekränkt, und trägst dein Leben lang nach, so sei gewiß, daß du einen inneren Weg noch nicht einmal begonnen hast... . Je weiter du kommst, um so rascher vermagst du, Kränkungen auszugleichen: nach einem Monat, einer Woche oder einem Tag. Wie verhält sich aber ein Erleuchteter? Er sieht den Pfeil der Kränkung auf sich zufliegen -- und deckt sich mit dem Namen GOTTES, wie mit einem Schild. Die Kränkung prallt von ihm ab und hinterläßt nicht einmal eine Schramme. Bist du so weit, so magst du dich für einen Fortgeschrittenen halten.
Alle Menschen befinden sich in einem gewissen Zustand von Verblendung, die ihrem Eigendünkel entspringt. Wir neigen so sehr dazu, weil jegliche Selbst-Verblendung unserem Selbstgefühl, Ehrgeiz und Hochmut schmeichelt.
Ungesundes Gemütsleben führt zur »Meinung« oder zum Eigenwahn. Das hochmütige Herz wird von unsinniger Begierde nach dem Genuß heiliger, göttlicher, geistiger Empfindungen erfüllt, deren es völlig unfähig ist. Statt im Gebet nach schmerzlichster Selbsterkenntnis zu streben, die alleine nottut -- eifert das unreine Herz danach, göttliche Seligkeit auszukosten; Liebe zu Gott, Genuß und Beseligung zu fühlen. Im Bestreben, solche Gefühle des »neuen Menschen« zu erzeugen, zu denen es bei seiner Leidenschaftlichkeit völlig unvermögend ist -- ersetzt sie das Herz durch selbsterdichtetes, verlogenes Empfinden, zu dem sich die Einwirkung des Versuchers gesellt. So ein Mensch hat eine hohe Meinung von sich selbst und vermeint, viele Tugenden, ja Gaben des HEILIGEN GEISTES zu besitzen... . Das kommt aus einer verfeinerten Genußsucht und Ehrsucht ... Obwohl die Betroffenen meist dem Zorn oder der Sinnlichkeit unterliegen, oder nur mühsam -- aufgrund ihres Hochmuts -- grobe Sünden meiden, halten sie sich für ethisch hochstehend.
Ein großer Fehler beruht darin, alles, was in uns aufsteigt, für unsere Natur zu halten und zu verteidigen. Alles Schlechte muß man sorgsam vom eigenen Selbst trennen.
Die gedankliche Fehde vertreibt die Leidenschaften aus dem Bewußtsein, doch bleiben sie am Leben. Das entgegengerichtete Empfinden und Handeln trifft unmittelbar den Kopf der Schlange. Beide gemeinsam treffen die Leidenschaft von innen wie von außen und merzen sie bald aus.
Besser ist es, zu fallen und sich wieder zu erheben, als vermeintlich zu stehen in Selbstverblendung.
Im Menschenleben gibt es den Augenblick des Erwachens. Sobald der GEIST GOTTES das Herz berührt, erwacht der Mensch zu einem gesteigerten Bewußtsein. Wer in Lebensgefahr oder Todesnähe kommt, erfährt häufig dieses Erwachen. Blitzartig erschließt sich eine unabweisbare höhere Wirklichkeit, die alles im wahren Lichte zeigt.
Feuereifer ist unser Lebensgeist. Wo er versiegt, versiegt alles christliche Leben, selbst dem äußerlich guten Wollen mangelt der rechte Geist.
Wer wahrhaft Feuereifer besitzt, wird nicht nur alles Gute tun, das sich von selbst bietet, sondern äußerst erfinderisch im Guten werden, aufrichtig um das beständige, dauerhaft Gute bemüht. Die Kraft zu all diesen Mühen ersteht -- wie auch sonst im Leben -- aus Begeisterung und Liebe zu seiner Aufgabe. Das Eifern um den Willen GOTTES wird zu einem frohen, den Geist beschwingenden Weg zu IHM.
Die Gnade versiegt, wenn der Seele die Barmherzigkeit fehlt. Die Gottesgnade kam aus Erbarmen zu dir und enteilt, wenn sie in dir kein Erbarmen findet. Jedes Böse, jede Verleumdung, jedes Kränken anderer verlöscht ihr Licht.
Solange der Eifer anhält, ist die Gottesgnade zugegen. Denn sie ist -- Feuer.
Solange die Regungen des Geistes zerstreut, nach verschiedenen Richtungen durchbrechen, ist kein Leben in ihm. Wenn aber die höchste göttliche Macht der Gnade den Geist erfaßt und alle seine Regungen vereint -- beginnt das Feuer geistigen Lebens. Die innere Ordnung beginnt mit dem Augenblick deiner Entscheidung, die Gebote der Gnade als dein führendes Lebensgesetz zu befolgen. Mit diesem Entschluß bildet sich ein kraftvoller Mittelpunkt im Innern. In diesem steht die Gnade im Verein mit Bewußtsein und Freiheit. Damit ist der Geist wiederhergestellt. Zu diesem Mittelpunkt zielt allmählich die göttliche Gnade alle Kräfte deiner Wesensglieder, steuert deren Tätigkeit, stärkt das Gute und vertreibt alles Böse. Das ist der Vorgang geistiger Wiedergeburt. Ist diese vollzogen, so zieht vollkommene Harmonie, tiefer Friede GOTTES ins Innere ein, der jeden Verstand übersteigt. Ein überaus erstrebenswerter Zustand.
Wenn der Verstand sich anstrengt und sich auf geistige Inhalte sammelt, so verliert er seinen alten Ablauf der Gedanken und wird für den Augenblick rein. Diese Reinheit bleibt ihm aber nicht; denn sie wird alsbald vom Alltagsdenken verdunkelt.
Das Herz erreicht seine Reinheit allmählich durch zahlreiche Leiden, Entbehrungen und Verzichte. Diese Reinheit ist, einmal erworben, bleibend. Sie hält stand in harten Kämpfen und Versuchungen, denn GOTT wirkt in ihr.
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Was heißt: den Verstand im Herzen sammeln? Der Verstand folgt der Aufmerksamkeit. Ihn im Herzen sammeln heißt -- seine Aufmerksamkeit ungeteilt im Herzen sammeln, mit dem Auge der Vernunft den unsichtbaren gegenwärtigen GOTT vor sich sehen und sich an IHN mit Preis, Dank und Bitte wenden; darüber wachend, daß nichts sonst ins Herz dringt. Darin liegt das Geheimnis geistigen Lebens.
Das Herz ist eine sichere Zuflucht. Im Herzen ist das Leben -- dort soll man auch leben.
Für den Anfänger genügt es, geistige Inhalte mit dem Herzen zu begleiten. Richte alle Anstrengungen darauf, den Verstand ins Herz zu führen, das ist das Wichtigste.
Alles Erkannte wird zur eigensten Herzensangelegenheit. In dieser Verfassung drängt es den Verstand nicht mehr, außerhalb des Herzens zu sein. Vielmehr hat er den unaufhaltsamen Drang, wenn er durch gewisse Umstände oder Gespräche davon abgehalten wurde, wieder ins Herz einzukehren und mit Geistesdurst und neuem Eifer an sein inneres Tun zu gehen. Hier geht beim Menschen alles aus dem Kopfe ins Herzensinnere, das ein weises inneres Licht erhellt; alles, was man denkt, spricht und tut, geschieht aufmerksam, mit vollem Bewußtsein.
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Daraus folgt als Gesetz innerer Sammlung: Halte stets dein Bewußtsein im Herzen und sammle dorthin angespannt Verstand, Wille und Gefühl. Die Sammlung des Verstandes ist -- Aufmerksamkeit; Sammlung des Willens ist -- Straffheit; Sammlung des Gefühls ist -- wache Nüchternheit... . Sammlung bedeutet Bereitschaft und Kraft zum Handeln. Der Gesammelte ist stark, wie ein geordnetes Heer, während der Zerstreute schwach ist und ständig umfällt.
Der HERR fragt nicht, wie du zuvor gewesen bist, ER erwartet nur deine Sehnsucht nach Durchlichtung, dein Streben zum Licht.
Der leiseste Anflug von Selbstgefälligkeit, jede noch so feine Form von Eigensucht und Unterdrücken der Persönlichkeit Anderer -- erscheint als Vergehen gegen die Liebe und vertreibt den HEILIGEN GEIST.
Der HERR selbst sagt, daß die Seelen der Gerechten zu Licht werden:
»Ihr seid das Licht der Welt ... So leuchte euer Licht allen Menschen« (Matth.5,14-15).
hg. u. übers. v. Alla Selawry.
6. Aufl. Otto-Wilhelm-Barth-Verlag/Scherz Verlag, Bern-München-Wien 1994
Aus:
http://www.celtoslavica.de/slavica/herzensgebet.html