Das goldene Kalb
(5. Mose 9,7-29; Apostelgeschichte 7,39-43)
1
Als das Volk sah, daß Mose mit seiner Rückkehr vom Berg zögerte, rottete sich das Volk bei Aaron zusammen und verlangte von ihm: "Auf! Mache uns einen Gott, der vor uns herzieht! Denn wir wissen nicht, was aus diesem Mose, dem Mann, der uns aus Ägypten geführt hat, geworden ist."
2
Aaron antwortete ihnen: "Nehmt die goldenen Ringe ab, die eure Frauen, Söhne und Töchter an den Ohren tragen, und bringt sie mir!"
3
Das ganze Volk nahm die goldenen Ringe ab, die sie an den Ohren trugen, und brachte sie zu Aaron.
4
Der nahm sie von ihnen in Empfang, goß sie um und fertigte daraus ein gegossenes Kalb. Da riefen sie aus: "Das ist dein Gott, Israel, der dich aus Ägypten geführt hat!"
5
Als Aaron das wahrnahm, errichtete er vor ihm einen Altar. Dann verkündete Aaron laut: "Morgen findet zu Ehren des Herrn ein Fest statt."
6
Sie erhoben sich am anderen Morgen in der Frühe, opferten Brandopfer und brachten Friedopfer dar, und das Volk ließ sich nieder, um zu essen und zu trinken. Dann erhoben sie sich, um sich zu belustigen.
7
Der Herr aber sagte zu Mose: "Auf, geh hinab! Denn dein Volk, das du aus Ägypten geführt hast, tut Böses.
8
Sie sind schnell von dem Weg abgewichen, den ich ihnen geboten habe. Sie haben sich ein gegossenes Kalb gemacht, haben es angebetet, ihm Opfer dargebracht und ausgerufen: Das ist dein Gott, Israel, der dich aus Ägypten geführt hat!"
9
Weiter sagte der Herr zu Mose: "Ich habe dieses Volk beobachtet, und glaube mir, es ist ein halsstarriges Volk.
10
Nun laß mich, auf daß mein Zorn wider es entbrenne und ich es vernichte! Dich aber will ich zu einem großen Volk machen."
11
Mose suchte den Herrn, seinen Gott, zu besänftigen, indem er sagte:
12
"Warum Herr, soll dein Zorn gegen dein Volk entbrennen, das du mit großer Kraft und starkem Arm aus Ägypten geführt hast? Warum sollen die Ägypter sagen dürfen: In böser Absicht hat er sie weggeführt, um sie in den Bergen umzubringen und sie vom Erdboden zu vertilgen? Laß ab von deiner Zornesglut und laß dich das Unheil gereuen, das du deinem Volk zugedacht hast!
13
Gedenke des Abraham, Isaak und Israel, deiner Knechte, denen du bei dir selber geschworen und verheißen hast: Ich will eure Nachkommenschaft so zahlreich machen wie die Sterne am Himmel und dieses ganze Land, von dem ich sprach, euren Nachkommen geben, und sie sollen es für immer besitzen."
14
Da ließ sich der Herr das Unheil gereuen, das er seinem Volk angedroht hatte.
15
Mose machte sich nun auf den Rückweg und stieg vom Berg herab, die beiden Gesetzestafeln in der Hand. Die Tafeln waren auf beiden Seiten beschrieben; vorn und hinten waren sie beschrieben.
16
Von Gott selbst waren die Tafeln angefertigt, und die Schrift war Gottes Schrift, auf die Tafeln eingegraben.
17
Als Josua die lärmenden Stimmen des Volkes hörte, sagte er zu Mose: "Im Lager ist Kriegslärm."
18
Der aber antwortete: "Das ist kein Siegesjubel und auch nicht das Geschrei von Besiegten. Ich vernehme nur Singen!"
19
Als er sich dem Lager näherte, sah er das Kalb und die Reigentänze. Da geriet Mose in Zorn, schleuderte die Tafeln weg und zerschmetterte sie am Fuß des Berges.
20
Er nahm das Kalb, das sie angefertigt hatten, verbrannte es im Feuer und zerstieß es zu Staub, den er auf Wasser streute und die Israeliten trinken ließ.
21
Zu Aaron aber sagte Mose: "Was hat dir dieses Volk getan, daß du eine so schwere Schuld über es gebracht hast?"
22
Aaron erwiderte: "Mein Herr, gerate nicht in Zorn! Du weißt ja selbst, wie boshaft dieses Volk ist.
23
Sie verlangten von mir: Mache uns einen Gott, der vor uns herzieht! Denn wir wissen nicht, was mit diesem Mose, dem Mann, der uns aus Ägypten geführt hat, geschehen ist.
24
Ich sagte zu ihnen: Wer Gold hat, der nehme es ab! Sie gaben es mir, und ich warf es ins Feuer. Da kam dieses Stierbild heraus."
25
Als Mose sah, daß das Volk so ausgelassen war, - denn Aaron hatte ihm die Zügel schießen lassen zur Schadenfreude für ihre Feinde -,
26
stellte sich Mose in das Tor des Lagers und rief: "Wer für den Herrn ist, her zu mir!" Da sammelten sich alle Leviten um ihn.
27
Zu ihnen sagte er: "So spricht der Herr, der Gott Israels: Ein jeder gürte sein Schwert an seine Hüfte! Geht durch das Lager von einem Tor zum anderen, jeder erschlage seinen Bruder, seinen Freund und seinen Verwandten!"
28
Die Leviten taten nach dem Befehl des Mose und es kamen an diesem Tag von dem Volk gegen 3.000 Mann um.
29
Dann sagte Mose: "Füllt euch heute die Hände für den Herrn! Denn jeder hat gegen seinen Sohn und gegen seinen Bruder gekämpft. Darum sollt ihr heute gesegnet sein!"
30
Am anderen Tag sagte Mose zum Volk: "Ihr habt euch schwer versündigt. Darum will ich zum Herrn hinaufsteigen. Vielleicht kann ich Vergebung für eure Sünden erwirken."
31
So kehrte Mose zum Herrn zurück und sagte: "Ach, dieses Volk hat eine große Sünde begangen. Es hat sich einen Gott aus Gold angefertigt.
32
Doch nun vergib ihm seine Sünde! Wo nicht, so streiche mich lieber aus dem Buch, das du führst!"
33
Der Herr antwortete Mose: "Nur wer sich gegen mich versündigt, den streiche ich aus meinem Buch.
34
Geh nun hin und führe das Volk dahin, wohin ich dir geboten habe! Siehe, mein Engel wird vor dir herziehen. Aber wenn die Zeit der Heimsuchung gekommen ist, werde ich ihre Sünden an ihnen ahnden."
35
Und der Herr schlug das Volk dafür, daß es das Kalb, das Aaron anfertigte, hatte machen lassen.