Gottes Neue Offenbarungen

Das Zweite Buch der Makkabäer

Allioli - Arndt Bibel von 1914

- Kapitel 3 -

Heliodorus wird von König Seleukus ausgesandt, um die im Tempel deponierten Schätze wegzunehmen. Er wird von Gott geschlagen und durch die Gebete des Hohenpriesters geheilt

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Als demnach die heilige Stadt in vollkommenem Frieden bewohnt war und die Gesetze, um der Frömmigkeit es Hohenpriesters Onias und seines Hasses willen gegen alles Böse noch auf das genaueste gehalten wurden,
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begab es sich, dass selbst Könige und Fürsten diesen Ort der höchsten Ehre würdig hielten und den Tempel mit den reichsten Geschenken verherrlichten,
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so dass auch Seleukus, König von Asien, aus seinem Einkünften alle zur Darbringung der Opfer erforderlichen Kosten hergab.
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Simon aber vom Stamme Benjamin, der bestellte Vorsteher des Tempels, begann Streit, da der Hohepriester sich ihm widersetzte, als er etwas Ungesetzliches in der Stadt vornahm.
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Da er nun sah, dass er gegen Onias nicht die Oberhand gewinnen könne, begab er sich zu Apollonius, dem Sohne des Tharsäas, der zu jener Zeit Statthalter von Cölesyrien und Phönizien war,
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und teilte ihm mit, dass der Schatz zu Jerusalem mit unzähligem Gelde angefüllt und der Reichtum der Gemeinde unermesslich sei und mit den Kosten der Opfer in keinem Verhältnisse stehe; es sei aber wohl möglich, dass alles in die Gewalt des Königs falle.
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Als Apollonius dem Könige über das Geld, von dem ihm die Anzeige gemacht war, berichtet hatte, ließ dieser den Heliodorus kommen, der Vorsteher seiner Verwaltung war, und entsandte ihn mit dem Befehle, das erwähnte Geld herbeizuschaffen.
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Alsbald trat Heliodorus die Reise an, zwar unter dem Vorwande, als wolle er die Städte Cölesyriens und Phöniziens besuchen, in der Tat aber, um die Absicht des Königs auszuführen.
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Als er nach Jerusalem gekommen war und von dem Hohenpriester in der Stadt freundlich empfangen ward, erzählte er von der über das Geld gemachten Anzeige, eröffnete ihm, warum er hier sei, und fragte, ob sich die Sache wirklich so verhalte.
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Da stellte ihm der Hohepriester vor, es seien dies hinterlegte Gelder und zum Unterhalt der Witwen und Waisen bestimmt,
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einiges von dem Gelde, über das der ruchlose Simon die Anzeige gemacht, gehöre dem Hirkanus, dem Sohne des Tobias, einem sehr vornehmen Manne; das ganze Geld betrage vierhundert Talente Silbers und zweihundert Talente Goldes;
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es gehe aber nicht an, dass die, welche das Ihrige einem Orte und einem Tempel anvertraut hätten, der in der ganzen Welt seiner Ehrwürdigkeit und Heiligkeit wegen geehrt werde, getäuscht würden.
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Jener indes erklärte, es müsse gemäß seiner vom Könige erhaltenen Aufträge dieses Geld unbedingt dem König eingeliefert werden.
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An dem von ihm bestimmten Tage also ging Heliodorus hinein, um seine Verfügungen zu treffen. In der ganzen Stadt aber war keine geringe Bestürzung.
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Die Priester warfen sich in den priesterlichen Kleidern vor dem Altare nieder und riefen gen Himmel zu dem, der über das anvertraute Gut ein Gesetz gegeben, er wolle es denen, die jenes hinterlegt, unversehrt erhalten.
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Wer das Angesicht des Hohenpriesters sah, wurde im Herzen verwundet, denn sein Aussehen und die veränderte Gesichtsfarbe verrieten den innerlichen Schmerz seiner Seele.
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Denn Trauer war über die Erscheinung des Mannes ausgegossen und Schauer ergriff seinen Leib, worauf denen, die ihn sahen, der Scherz, der sein Herz erfüllte, offenbar ward.
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Die Leute liefen scharenweise aus den Häusern zusammen zum öffentlichen Gebete, weil dem Tempel Unbilde widerfahren sollte,
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die Frauen wogten, die Brust mit Bußkleidern umgürtet, durch die Straßen und die Jungfrauen, die sonst zurückgezogen waren, liefen teils zu Onias, teils auf die Mauern, teils blickten sie durch die Fenster hinaus,
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alle aber flehten mit zum Himmel emporgehobenen Händen.
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Denn zum Erbarmen war die bange Erwartung der bunten Menge und des von Todesangst ergriffenen Hohenpriesters.
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So riefen sie den allmächtigen Gott an, dass er das ihm Anvertraute denen, die es anvertraut, gänzlich unversehrt erhalten möchte.
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Heliodorus aber schickte sich an, seinen Entschluss auszuführen und begab sich selbst mit seinen Trabanten an den Ort des Schatzes.
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Da zeigte sich der Geist des allmächtigen Gottes auf ganz augenscheinliche Weise, so dass alle, die jenem zu gehorchen gewagt, von Gottes Macht getroffen, zu Boden fielen und vor Schrecken außer sich gerieten.
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Es erschien ihnen nämlich ein mit prächtiger Rüstung bedecktes Pferd mit einem furchtbaren Reiter, dieser stürzte heftig mit den Vorderfüßen auf Heliodorus, der Reiter aber schien goldene Waffen zu haben.
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Dazu erschienen zwei andere Jünglinge von ausgezeichneter Stärke in herrlicher Pracht und schönen Gewändern, diese traten von beiden Seiten an ihn heran und geißelten ihn und schlugen ihn unaufhörlich mit vielen Streichen.
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Plötzlich fiel Heliodorus zur Erde und dichtes Dunkel umgab ihn, eilends hob man ihn auf eine Bahre und trug ihn fort.
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So schaffte man den fort, der mit großem Gefolge und Trabanten in die vorbenannte Schatzkammer eingedrungen war, ohne dass ihm jemand Hilfe leisten konnte, da sich die Macht Gottes offenbar kundgegeben.
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Durch göttliche Macht lag er nun sprachlos da, aller Hoffnung auf Rettung beraubt.
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Die Juden dagegen priesen den Herrn, der seine Stätte so verherrlichte, und der Tempel, der kurz vorher voll war von Furcht und Schrecken, ward von Freude und Frohlocken erfüllt, da der allmächtige Herr sich offenbart hatte.
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Alsbald aber baten einige von den Freunden des Heliodorus den Onias, den Allerhöchsten anzurufen, dass er dem in den letzten Zügen Liegenden das Leben schenken möchte.
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Da nun der Hohepriester besorgte, der König möchte etwa argwöhnen, dass die Juden irgendeine Arglist an Heliodorus verübt, brachte er ein Heilsopfer für die Genesung des Mannes dar.
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Während nun der Hohepriester noch im Gebete begriffen war, traten dieselben Jünglinge, mit denselben Gewändern angetan, vor Heliodorus und sprachen: Sage dem Hohenpriester Onias Dank, denn um seinetwillen hat dir der Herr das Leben geschenkt.
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Du aber, von Gott gezüchtigt, verkünde allen die gewaltige Macht Gottes! Als sie dies gesagt hatten, verschwanden sie.
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Heliodorus aber brachte Gott ein Opfer und gelobte dem Verleiher des Lebens große Gelübde, dankte dem Onias und zog mit seinem Heere zum Könige zurück.
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Er bezeugte aber allen, welche Taten des großen Gottes er mit seinen Augen gesehen.
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Als nun der König den Heliodorus fragte, wer wohl geeignet sei, noch einmal nach Jerusalem gesandt zu werden, sprach er:
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Wenn du einen Feind oder jemanden hast, der nach deiner Herrschaft strebt, so sende ihn dahin, und du wirst ihn gegeißelt wieder erhalten, wenn er anders mit dem leben davonkommt; denn in dem Orte ist wahrhaft eine Kraft Gottes wirksam.
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Denn er selbst, der im Himmel wohnt, ist der Wächter und Beschützer jener Stätte, und die in böser Absicht dorthin kommen, schlägt und vernichtet er.
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Dies also ist die Geschichte des Heliodorus und der Erhaltung des Schatzes.