Gottes Neue Offenbarungen

Das Zweite Buch der Makkabäer

Allioli - Arndt Bibel von 1914

- Kapitel 4 -

Onias wendet sich an den König. Der Ehrgeiz und die Schlechtigkeit von Jason und Menelaos. Onias wird heimtückisch ermordet

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Der vorerwählte Simon aber, der Verräter des Schatzes und des Vaterlandes, verleumdete den Onias, als hätte dieser selbst den Heliodorus dazu angereizt und als wäre er der Urheber alles Unglücks,
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und den, der ein Wohltäter der Stadt, ein Verteidiger seines Volkes und ein Eiferer für das Gesetz Gottes war, wagte er einen Gegner des Reiches zu nennen.
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Als nun die Feindschaft sich derart steigerte, dass sogar durch einige Vertraute Simons Morde verübt wurden,
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erwog Onias, wie gefährlich dieser Streit werden könne, und dass Apollonius als Statthalter von Cölesyrien und Phönizien durch sein Wüten die Bosheit Simons mehre, und begab sich zum Könige,
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nicht um seine Mitbürger zu verklagen, sondern bei sich erwägend, was zum gemeinsamen Nutzen des ganzen Volkes gereiche.
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Denn er sah ein, dass es ohne königliche Vorsorge unmöglich sei, den Frieden wiederherzustellen, und dass Simon von seiner Torheit nicht ablassen werde.
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Als aber nach des Seleukus Tode Antiochus, mit dem Beinamen der Erlauchte, die Regierung übernahm, strebte Jason, der Bruder des Onias, nach dem Hohenpriestertume.
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Er begab sich also zum Könige und versprach ihm dreihundertundsechzig Talente Silber, sowie achtzig Talente aus anderen Einkünften.
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Überdies versprach er noch andere hundertundfünfzig, wenn ihm gestattet würde, sowohl eine Übungsschule und eine Ephebie zu errichten, wie auch den Bewohnern von Jerusalem das Bürgerrecht von Antiochia zu verleihen.
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Da der König dies bewilligt und er so die Herrschaft erlangt hatte, suchte er alsbald unter seinen Landsleuten heidnische Sitten einzuführen.
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Er schaffte ab, was von den Königen aus Milde den Juden zugestanden war. Durch Vermittlung des Johannes, des Vaters jenes Eupolemus, der an der rechtmäßigen Gesandtschaft an die Römer um Freundschaft und Bundesgenossenschaft teilgenommen hatte, und die rechte der Bürger beiseite setzend, führte er gesetzwidrige Sitten ein.
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Denn er war so keck, gerade unterhalb der Burg eine Übungsschule zu erbauen und die ausgezeichnetsten Jünglinge an unsittliche Orte zu führen.
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Dies war aber nicht bloß ein Anfang, sondern ein Anwachsen und ein Fortschritt zu heidnischer fremder Sitte infolge des gottlosen, unerhörten Frevels des unpriesterlichen Jason,
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so dass die Priester sich nicht mehr den Dienst des Altares angelegen sein ließen, sondern den Tempel verachtend und die Opfer vernachlässigend, hinwegeilten, um an dem gesetzwidrigen Schauspiel der Kampfschule und dem Werfen mit der Scheibe teilzunehmen.
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Die vaterländischen Ehrenstellen achteten sie für nichts, die griechischen Auszeichnungen aber für sehr rühmlich.
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Dieserwillen ergriff sie ein gefährlicher Wetteifer, denn sie ahmten die Gebräuche derer nach und suchten denen in allem ähnlich zu werden, die zuvor ihre Feinde und Mörder gewesen waren.
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Denn wider die göttlichen Gesetze freveln, bleibt nicht ungestraft, doch die Folgezeit wird dies lehren.
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Als aber das fünfjährige Kampfspiel zu Tyrus gefeiert ward und der König dabei zugegen war,
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sandte der verruchte Jason ruchlose Männer von Jerusalem dorthin, um dreihundert Doppeldrachmen von Silber für ein Opfer des Herkules zu überbringen. Die Überbringer baten jedoch selbst, man möchte das Geld nicht zu den Opfern gebrauchen, da sich dies nicht gezieme, sondern zu andern Ausgaben verwenden.
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So wurde es zwar von dem, der es gesandt hatte, als Gabe zum Opfer des Herkules dargebracht, aber der Überbringer wegen zum Bau der Dreiruderer verwendet.
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Als hierauf Apollonius, der Sohn des Mnestheus, wegen der großen des Königs Ptolemäus Philometor nach Ägypten gesandt ward und Antiochus erfahren hatte, dass derselbe seiner Herrschaft feindlich geworden sei, kam er, auf seinen eigenen Vorteil bedacht, nach Joppe und von da nach Jerusalem.
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Hier wurde er von Jason und der Stadt prächtig empfangen, hielt seinen Einzug unter Fackelschein und Freudengeschrei und zog von da mit seinem Heere nach Phönizien.
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Nach einem Zeitraum von drei Jahren sandte Jason den Menelaus, den Bruder des vorerwähnten Simon, um das Geld dem Könige zu überbringen und dringende Geschäfte zu Ende zu führen.
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Dieser erwarb sich die Gunst des Königs, indem er sich den Anschein eines einflussreichen Mannes gab, und brachte das Hohepriestertum selbst an sich, indem er den Jason um dreihundert Talente Silbers überbot.
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Nachdem er nun die königlichen Befehle erhalten hatte, kam er, ohne eine des Hohenpriestertums würdige Eigenschaft, wohl aber die Wut eines grausamen Tyrannen und den Grimm eines wilden Tieres besitzend.
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So wurde Jason, der seinen eigenen Bruder überlistet hatte, selbst hintergangen und musste fliehen und entwich in das Land der Ammaniter.
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Menelaus erhielt nun zwar die Würde, aber er entrichtete das Geld nicht, das er dem Könige versprochen, obwohl Sostratus, der Befehlshaber der Burg, die Bezahlung einforderte,
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denn diesem lag die Eintreibung der Abgaben ob. Darum wurden beide vor den König geladen.
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Menelaus ward des Hohenpriestertums entsetzt und Lysimachus, sein Bruder, trat an seine Stelle, Sostratus aber ward Statthalter von Cypern.
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Während dies vorging, begab es sich, dass die Einwohner von Tharsus und Mallus sich empörten, weil sie an die Antiochis, des Königs Nebenweib, als Geschenk vergeben waren.
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Eilends kam der König herbei, den Aufruhr zu stillen, und ließ den Andronikus, einen aus seiner Umgebung, als Statthalter zurück.
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Jetzt glaubte Menelaus eine günstige Gelegenheit erlangt zu haben, entwendete einige goldene Gefäße aus dem Tempel und schenkte sie dem Andronikus, andere aber verkaufte er in Tyrus und den benachbarten Städten.
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Als Onias dies zuverlässig erfahren hatte, rügte er ihn scharf, nachdem er sich in eine Freistätte Antiochias bei Daphne zurückgezogen hatte.
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Daher wendete sich Menelaus an Andronikus und bat ihn, den Onias zu töten. Andronikus begab sich zu Onias, reichte ihm unter eidlichen Versicherungen die Hand und überredete ihn (obwohl dieser gegen ihn Verdacht hegte), aus der Freistätte herauszugehen, worauf er ihn alsbald, ohne Scheu vor dem, was recht ist, tötete.
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Darüber waren nicht bloß die Juden, sondern auch andere Völker aufgebracht und nahmen die ungerechte Ermordung eines so großen Mannes mit Unwillen auf.
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Als nun der König aus den Gegenden von Cilicien zurückkam, begaben sich die Juden von Antiochia sowie auch die Griechen zu ihm und führten über die ungerechte Ermordung des Onias Klage.
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Antiochus ward innig betrübt um Onias und vergoss, von Mitleid ergriffen, Tränen, da er der Selbstbeherrschung und der Bescheidenheit des Hingeschiedenen gedachte.
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Und von Zorn entbrannt, ließ er Andronikus des Purpurgewandes entkleiden, ihn in der ganzen Stadt herumführen und den Verruchten an demselben Orte, wo er den Frevel an Onias begangen, töten. So vergalt der Herr jenem mit wohlverdienter Strafe.
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Inzwischen hatte Lysimachus aus Anraten des Menelaus viele Beraubungen an dem Tempel begangen und das Gerücht davon hatte sich verbreitet, deshalb scharte sich die Menge gegen Lysimachus zusammen, nachdem schon viel Gold fortgeschleppt war.
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Als nun die Volkshaufen sich voll Ingrimm erhoben, bewaffnete Lysimachus gegen dreitausend Mann und brachte zuerst ungerechterweise Gewalt unter Anführung eines gewissen Tyrannus, eines Mannes, der bereits im Alter, aber nicht minder in der Ruchlosigkeit vorgeschritten war.
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Kaum sah das Volk das gewalttätige Beginnen des Lysimachus, als die einen Steine, die anderen dicke Prügel ergriffen, während noch andere Staub auf Lysimachus warfen.
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Viele wurden verwundet, manche auch getötet, alle aber in die Flucht geschlagen, den Tempelräuber selbst aber erschlugen sie bei der Schatzkammer.
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Über all dies wurde nun eine Untersuchung wider Menelaus eingeleitet.
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Als nämlich der König nach Tyrus kam, legten drei von den Ältesten gesandte Männer ihm die Sache vor.
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Schon sah sich Menelaus überführt, da versprach er dem Ptolemäus viel Geld, um den König für ihn günstig zu stimmen.
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Ptolemäus nahm also den König mit sich in einen Vorhof, da sollte er sich abkühlen, und sprach mit ihm und stimmte ihn um.
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So sprach er den Menelaus, der doch aller Bosheit schuldig war, von den Beschuldigungen frei; die armen Männer aber, die, wenn sie auch den Scythen ihre Sache vorgebracht hätten, für unschuldig erklärt worden wären, verurteilte er zum Tode.
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So erduldeten alsbald die, welche für die Stadt, das Volk und die heiligen Geräte eingetreten waren, ungerechte Strafe.
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Aus diesem Grunde darüber aufgebracht, ließen die Tyrer ihr Leichenbegängnis möglichst prunkvoll abhalten.
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Menelaus aber blieb wegen der Habsucht der Gewalthaber in seiner Würde und nahm zu an Bosheit, seinen Mitbürgern Nachstellungen zu bereiten.