Das Grosse Evangelium Johannes: Band 5
Lehren und Taten Jesu während Seiner drei Lehramts-Jahre
Jesus in der Gegend von Cäsarea Philippi
Ev. Matth. Kap. 16 (Fortsetzung)
- Kapitel 68 -
Das Priestertum als stärkstes Hindernis für die Ausbreitung der Lehre des Herrn
1
(Roklus:) ,,Du, als ein vollkommenster, von allen göttlichen Geistern vollsterfüllter Prophet und begabt mit aller Macht und Kraft wie noch nie ein Mensch auf der Erde, wirst das sicher auch zum voraus sehen! Aber wer kann darum? Es ist nun einmal also, war schon stets also und wird auch also bleiben, und wir werden die Sache nicht ändern!
2
Solange den Menschen ihr Fleisch und ihr freier Wille belassen wird, so lange werden sie im allgemeinen auch das bleiben, was sie sind, und werden sich einrichten mit allerlei nach den klimatischen Landesverhältnissen. Je weiter von uns weg, desto schlimmer, wie ich das auf meinen vielen Reisen nur zu häufig in die vollste Erfahrung gebracht habe! Je weiter ich von diesem nun einzigen geistigen Lichtpunkte mich entfernt hatte, desto blinder und dümmer fand ich auch die Menschen schon früher in meinem Atheistentume, und es würde mir das noch auffallender sicher allenthalben begegnet sein, wenn ich um alles das gewußt hätte, um was ich nun weiß.
3
Es ist zwar sehr wahr, daß es keine Finsternis geben kann, die durch ein entsprechendes Licht nicht augenblicklich zunichte gemacht werden könnte. In der Natur ist es einmal ganz sicher also. Ob aber das geistige Licht die geistige Nacht auch so plötzlich vertreiben kann, das ist natürlich eine ganz andere Frage! In einer gewissen Hinsicht war meine Geistesnacht sicher nicht unbedeutend zu nennen, und der Junge hatte sie mit wenigen Lichtworten verscheucht; allein er hatte an mir aber auch einen Menschen, der in so mancher wissenschaftlichen Sphäre nicht zu den gar Letzten zu zählen ist, und der gar viele Erfahrungen in der Welt durchgemacht hat.
4
Man stelle sich ein in den absurdesten und finstersten Aberglauben versunkenes Volk vor! Bei dem werden etliche Worte von noch so großer Helle und selbst mehrere noch so auffallende Zeichen kaum irgendeine Lichtwirkung hervorbringen! Ein solches Volk wird dann noch finsterer, zornig und wird sich eben in Gegenwart des Lichtes als ein größter Feind desselben erweisen, worauf es dann erst recht finster bei einem solchen bestialen Volke wird.
5
Wir brauchen da gar nicht weit zu greifen. Richten wir unsere Blicke nur nach dem Tempel zu Jerusalem und betrachten da das in- und auswärtige Pharisäertum, und wir haben der geistigen Nacht so viel vor uns, daß wir uns darüber allerhöchlichst werden erstaunen müssen! Versuche aber zu denen mit einem rechten innern Geistlichte zu kommen nur ungefähr also, wie früher der Junge mir gekommen ist, und er ist binnen kurzem ein Kind des Todes!
6
Was haben diese wahren Knechte und Diener der allerdicksten Nacht schon alles gegen unser Institut unternommen! Wären wir nicht in jeder Beziehung so gestellt, und könnten sie uns von irgendeiner Seite zu, so wären wir schon lange nicht mehr! Es sollte jetzt ein Moses und Aaron aufstehen und die Wahrheit also lehren, wie sie dieselbe zu ihrer Zeit gelehrt haben, und sie werden sogleich ergriffen und mit Steinen beworfen werden, oder man wird ihnen als Widersachern das verfluchte Wasser zu trinken geben, und ganz sicher das echte; denn sie haben zweierlei, nämlich ein echtes, das den sichern und unvermeidlichen Tod nach sich zieht, und ein unechtes, das niemandem etwas schaden kann, weil es gar kein Gift in sich enthält.
7
Wenn sie denn einem Sünder gegen sich oder vielmehr gegen ihr Tempelwesen irgend aus einer geheimen Ursache wohlwollen, so geben sie ihm das unechte verfluchte Wasser zu trinken. Wer ihnen aber zu gewaltig irgend entgegenträte, der kann sich bei der nächsten und besten Gelegenheit den Durst schon mit dem echten Fluchwasser löschen für alle ewige Zeiten. Daß die Pharisäer aber das tun zu Jerusalem, wie auch in den andern Orten, ist nun doch schon unter allen Menschen von nur einiger Bildung eine so bekannte Sache, daß sie nahezu niemanden mehr in ein Erstaunen setzt. Aber ich frage, wie dann ein rechtes Wahrheitslicht solch eine pharisäische Nacht erhellen kann?
8
Wie es aber unter und mit den Pharisäern steht, so stehet es überall, wo sich irgendein Priestertum befindet. Wenn irgend alle Menschen ein wahres Licht annehmen, weil sie dessen Wohltat bald und leicht erkennen, so wird sich das Priestertum dennoch mit allen Mitteln und Kräften gegen dieselbe stemmen und sie nicht annehmen, weil es vor lauter Hochmut und Herrschsucht so dumm und blind ist, daß es die Wohltat des reinen Wahrheitslichtes gar nicht zu erkennen imstande ist.
9
Solange aber das Priestertum von Gott wie auch von den weltlichen Regierungen aus geduldet wird, ist es mit allem geistigen Lichte nahe so gut wie nichts! Denn diese allzeit höchst selbstsüchtige und herrschgierige Menschenart wird stets bemüht sein, alles höhere Licht zu verdächtigen und den eigenen alten Unflat als reines Gold anzupreisen und den ihnen unterstehenden Menschen aufzudringen.
10
Daher ist es meine in dieser Hinsicht sogar maßgebliche Ansicht, daß man vor allem alles, was nur einen Dunst von einem Priestertume hat, vollends wegschaffen, also den alten Augiasstall ausmisten und alsdann erst die wahre Sonne des Geistes über alle Völker zugleich aufgehen lassen muß; sonst erstirbt jeder noch so gute Same, bevor er noch irgend nur so halbwegs feste Wurzeln im Erdreiche des Lebens hat fassen können.
11
Ich erkenne in dir, du erhabenster Meister, die volle Gotteskraft, ohne die es dir völlig unmöglich sein müßte, Werke zu verrichten, die nur einem Gotte möglich sein können, weil in ihm alle die zahllosesten Spezialkräfte sich vereinen und ihren ewigen Urstützpunkt haben, von dem aus sie allein nur einer Wirkung fähig sind. Und weil ich das in dir gefunden habe, so ist es wohl auch sicher, daß ich dich gar sehr unbegrenzt achte und liebe, was du mit deines Geistes Augen in meinem Herzen und Gehirne noch klarer erschauen wirst als jener Junge dort.
12
Aber das sage ich dennoch ohne irgendeine Scheu, daß diese deine Mühe und sicher große Aufopferung so gut wie rein vergeblich ist und den Menschen wenig Segnungen bringen wird, solange nur irgendeines Priesters Fuß den Boden der Erde betreten wird! Du müßtest denn nur mit deiner Allmacht alle Menschen und so auch die sämtlichen Priester auf der ganzen Erde plötzlich also umwandeln wie jenen alten Fels im Meere, dann könnte es vielleicht einmal ganz löblich auf der Erde werden! Es ist nur ewig schade für deine Mühe und Arbeit! Würdest du noch zimmern mit Säge und Axt, so würden dich die Pharisäer sicher unangefochten lassen; aber so werden sie dich trotz aller deiner von mir unbezweifelten Göttlichkeit hassen und auf allen deinen Wegen wütend und zornglühend verfolgen! Auch werden sie die herrlichste Saat, die du nun säest, mit allen ihnen zu Gebote stehenden Mitteln zu verderben trachten.
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Denn das Pharisäervolk kennt irdisch kaum wer besser denn gerade ich, der ich wegen unseres Institutes am meisten mit ihnen zu kämpfen hatte! Sie sind zwar nun von uns aus total geschlagen und besiegt und können mit aller ihrer Wut gegen uns nichts mehr ausrichten; denn unsere Ringmauern sind stärker als die um ihren Tempel, und alle Kranken weit und breit suchen nun ihr Heil bei uns, weil wir die Menschheit mit reellen Heilmitteln wieder gesund machen, während die Templer durch nichtige Sprüche und mystische Zeichen und mit allerlei Reliquien - von Gott weiß woher - heilen, aber die Kranken dabei gar keine Wirkung von irgendeiner Besserung verspüren.
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Das ist nun mein nacktes Bekenntnis vor dir, o Herr und Meister; du aber wirst nun tun, was dir gefällig ist, - nur stoße unser Institut nicht früher um als den Tempel zu Jerusalem! Das ist nun meine inständigste Bitte an dich; am liebsten aber wäre es uns allen, so du ganz nach deiner Weisheit unser Oberster und Leiter werden möchtest!"