Gottes Neue Offenbarungen

Das Grosse Evangelium Johannes: Band 5

Lehren und Taten Jesu während Seiner drei Lehramts-Jahre
Jenseits des Jordan am Galiläischen Meere
Ev. Matth. Kap. 19

- Kapitel 271 -

Von der Bescheidenheit, Sanftmut und Demut. Die goldene Mittelstraße

Da sagte einer aus ihrer Mitte: ,,O Meister und Herr! Siehe, so man in seinem Gemüte voll ist von tausendmal tausend Gedanken über Dich, über Deine Taten und über Deine Lehre und man in sich noch lange nicht völlig zu der klaren Ruhe gelangen kann, da wird einem das Reden schwer, weil man gar nicht weiß, wo man anfangen und wo man enden soll! Zu dem aber kommt hier noch das, daß eben Du Selbst da gegenwärtig bist, der Du auch sicher jeden unserer Gedanken schon eher kennst, als er in uns noch aufgetaucht ist und von uns empfunden ward. Was können wir da in Deiner persönlichen Gegenwart dann reden und worüber uns besprechen? Ja, so Du hier noch etwas reden wolltest, da möchten wir Dich wohl anhören, solange Du auch immer reden möchtest; aber mit unserem Reden würde es nun wohl sehr mager aussehen!"
2
Sagte Ich: ,,Höret! Die Bescheidenheit ist eine schöne Tugend, und man kann sie den Menschen nur sehr anempfehlen; aber zu bescheiden sein ist nicht selten unklug, weil man durch eine zu große Bescheidenheit seinem Nächsten gar zur Überschätzung seiner wenn auch noch so guten Fähigkeiten und nach und nach sogar zum Hochmute verhilft, was eben nicht gut, sondern im Gegenteile recht schlimm ist. Bei Mir euch gegenüber kann das freilich wohl nie der Fall sein, aber bei andern euch gegenüberstehenden Menschen gar leicht.
3
Sehet, die gar oft zu große Bescheidenheit der sonst ganz ehrlichen Menschen gegen jene, die ihnen mit besonderen Talenten und Fähigkeiten gegenüberstanden, und die ihnen darum zu groß erwiesene Bewunderung und Verehrung hat aus ihnen Könige und am Ende allerhochmütigste Tyrannen gemacht, sowie auch das allerhochmütigste Priestertum! Daher sollet ihr auch in den Tugenden, als da sind die Demut, die Sanftmut und die Bescheidenheit, stets die goldene Mittelstraße beachten, ansonst ihr, und wäret ihr jetzt noch so frei, unter euch mit der Zeitenfolge euch selbst solche Menschen bilden würdet, die euch dann mit aller Härte behandeln würden, und ihr dann seufzen würdet unter ihrem Druck.
4
Ich weiß es wohl, daß euch Meine Taten und Meine Worte den Mut, etwas vor Mir zu reden, benommen haben; aber es ist daran dennoch nicht soviel wie an dem, daß ihr in eurem Herzen glaubet, daß Ich eben Derjenige bin, der aus Gott durch den Mund der Propheten verheißen ward zunächst den Juden und durch sie allen Völkern der Erde.
5
So ihr das so recht lebendig glauben und in der Tat Meine Lehre und Meine leichten Gebote beachten werdet, da werdet ihr auch aufnehmen Meinen Geist und durch denselben noch Größeres tun, als Ich nun vor euch getan habe; denn so ihr Kinder eines und desselben Vaters im Himmel seid, so seid ihr auch Erben Seiner Vollkommenheiten, wozu ihr berufen seid. Ihr könnet dann auch handeln und tun, wie nun diese Meine Jünger auch schon tun und handeln können, wenn es not tut. So ihr nun solches wisset, da könnet ihr nun auch ohne Furcht und Scheu vor Mir wie vor diesen Meinen Jüngern reden.
6
Denn würde solches zu leisten nie möglich werden können, da hätte Ich sicher keine Jünger bei Mir, darum, daß sie also vollkommen sein sollen, wie der Vater im Himmel und in Mir vollkommen ist; denn als einen Diener brauche Ich doch sicher keinen Menschen, da Ich Selbst allen Menschen dienen kann und auch allzeit diene. Wollte Ich aber schon Wesen haben, die Mir dieneten, da dürfte Ich nur wollen, und im Augenblick stünden Mir zahllose Scharen der mächtigsten Engel zu Gebote und würden horchen auf Meine Winke. Aus dem aber könnet ihr schon den alleruntrüglichsten Schluß ziehen, daß Ich nur darum Jünger zu Mir genommen habe, auf daß sie von Mir alles erlernen sollen, was Ich Selbst kann, und daß Ich auch aus ganz demselben Grunde zu euch gekommen bin. - Saget Mir nun, ob ihr euch vor Mir jetzt auch noch nicht zu reden getrauet!"

Fußnoten