Die Geistige Sonne
Band 1
Mitteilungen über die geistigen Lebensverhältnisse des Jenseits
- Kapitel 11 -
Die Sphäre des sechsten Geistes. - Der Fels Petri
Da unser liebreicher geistiger Gastfreund schon hier ist, braucht ihr nicht viel Umstände zu machen, sondern euch alsbald in seine Sphäre zu begeben und da zu schauen Dinge anderen Lichtes.
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Nun, ihr seid schon in seiner Sphäre! Warum blicket ihr denn nun auf einmal gar so furchtsam um euch her? - Ihr saget: Weil wir uns auf einer hohen Klippe befinden, und rings um uns erschauen wir nichts als ein endloses wogendes Meer. Dräuend und erschrecklich brausend flutet dasselbe um die einsame Klippe, auf der wir uns befinden, und allenthalben scheint es grundlos tief zu sein. Was soll aus uns werden, wenn dieses Meer unsere schwache Klippe mit seinen starken Wogen überflutet? Wir sehen nichts als den sicheren Untergang vor uns! Wohin sollen wir uns retten, wenn alle die Wogen sich erheben sollten über uns?
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Ich aber sage euch: Ihr habt euch mit euren Augen schlecht beraten. Blicket nur ein wenig ruhiger dort gegen Morgen hin, wo sich die große Wasserfläche zu röten beginnt, und ihr werdet sogleich eines anderen belehrt werden. - Ihr habt eure Augen schon hingewendet; nun, was sehet ihr?
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Wie Ich sehe, so bemächtigt sich eures Herzens eine noch größere Furcht, und ihr saget mit bebender Stimme: O Herr und Vater, rette uns, sonst sind wir doppelt verloren! Denn so groß und so hoch wie der Berge Scheitel erheben furchtbare Ungetüme ihre Häupter über die endlos weiten Fluten dieses Meeres und scheinen mit großer Hast gerade auf uns zuzusteuern. - O ihr Kleingläubigen und noch Kleinmächtigen, warum fürchtet ihr wohl, so Ich bei euch bin, Dinge, die nichts sind? Ich sage euch: Gebrauchet euer Gesicht nur emsig, denn die Dinge, die ihr jetzt schauet, sind von großer Wichtigkeit. Strenget daher eure Blicke noch tüchtiger an und blicket hin gegen Mitternacht und saget Mir, was ihr allda erschauet.
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Ihr erschrecket euch ja noch ärger denn zuvor und möget nun vor lauter törichter Angst nicht einmal mehr Worte von euch geben; was ist es denn? Ihr seht alldort die Wasserflut sich spalten und erschauet den feuchten Wänden entlang in der Tiefe ein dräuend Feuer, das sich mehr und mehr erhebt und die Fluten der Meere dampfend verzehrt. Inmitten dieses Feuers erblicket ihr einen großen, feurigen Drachen. Sieben Köpfe hat er, und an jedem Kopfe hat er zehn Hörner. Mit seinem mächtigen Schwanze teilt er die Fluten, und aus vier Köpfen, die er schon über die Oberfläche des Meeres erhoben hat, speit er heftig große Feuerkugeln nach allen Seiten über die Meeresfläche hin. - Ihr sehet nun auch, wie da eine zahllose Menge Fledermäuse und anderes nächtliches Geschmeiß in seine vier weit aufgesperrten Rachen fliehen, und wie er sie hurtig in seinen flammenden Schlund hinunterläßt. Auf den Häuptern seht ihr dräuende Wolkenbündel sitzen, und diese drehen sich emsig um die Hörner herum und füllen sich mit Blitzen, die sie hinausschleudern auf das Getümmel der Wogen. Solches sehet ihr und seid so voll Angst. - Ich sage euch aber: Verdoppelt noch einmal euren Blick; ihr werdet noch anderes hinter dem Drachen erschauen! Sehet, um seinen Schwanz ist eine starke Kette geworfen, und hinter demselben ist diese Kette in zahllose kleinere Ketten auslaufend. Sehet, wie da am Ende einer solchen Kette zahllose Scharen zusammengebunden sind, welche alle dieser mächtige Drache nach sich zieht auf seinem Feuerwege.
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Ihr fraget nun ängstlich: Vater! Was soll denn mit den armseligen Sklaven dieses Drachen geschehen? - Ich sage euch aber: Sehet nur noch einmal recht scharf hin, und ihr werdet bald entdecken, wie diese Sklaven hinter ihrem Drachen mit feurigen Schwertern in der Hand jauchzen und sagen: Ehre dir, du mächtiger Fürst, daß du besiegt hast die Völker der Erde und hast dir zinsbar gemacht die Himmel; denn also bist du ein mächtiger Richter geworden zwischen Gott und aller Kreatur! Himmel, Erde und aller Abgrund müssen sich vor dir beugen; und die Verdienste und Werke des Sohnes aus Gott hast du überwunden und hast sie dir zinsbar gemacht auf der Erde, über der Erde und unter der Erde. - Nun, da ihr solches vernommen habt, was sagt ihr denn jetzt zu diesem Anhange des Drachen? Ihr erschaudert bis in euren tiefsten Grund. Ich aber sage euch: Verharret nur auf eurem engen Standpunkte und sehet festen Blickes gegen den Abend hin, und ihr sollet gleich eine andere Szene vor eure Augen bekommen.
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Nun, ihr sehet hin, was gibt es denn da schon wieder Zagenerregendes? Ihr saget mit halb verzweifelter Stimme: Herr, wenn das also fortgeht, so sind wir ohne Rettung verloren, denn der Drache hat sich als eine mächtige, unübersehbar große Schlange über den weiten Kreis der Meeresflut gelegt. Wie von einem unübersehbar großen feurigen Ringwalle sind wir von ihm umfangen. Hier sehen wir nirgends mehr einen freien Ausweg möglich, also sind wir ja unrettbar seine Beute. Über unseren Standpunkt können wir uns nicht erheben; was wird mit uns werden? Schon sehen wir von allen Seiten her die weitgedehnte Meeresfläche mächtig erglühen. Zahllose Wirbel zeigen sich auf der glühenden und gewaltig dampfenden Meeresfläche. Feurige Orkane werfen glühende Wogen himmelanstrebend durcheinander. O Vater, hilf uns, bevor all diese Drangsale uns näher und näher kommen, sonst gehen wir offenbar zugrunde! Und so uns die glühenden Wogen verschlingen werden, die da sind voll Pestilenz und Übelgeruch, voll des Fluches und voll des verheerendsten Feuers, wirst Du uns dann wohl herausziehen aus dem endlosen Abgrunde solch ewigen Verderbens?
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O ihr Kleinmütigen, was erhebt ihr für ein erbärmliches Angstgeschrei? Blicket nur gegen Mittag hin, und ihr sollet sogleich eine andere Szene erschauen. - Sehet ihr dort, wie hinter dem weiten und mächtig glühenden Schlangenringe riesige Engelsgeister mit mächtigen Schwertern bewaffnet eines Zeichens nur, eines kleinen Winkes von Mir harren, um der Schlange ein Ende zu machen? Sehet euch nun nach allen Seiten um und zählet die richtenden Engelsgeister! Sind ihrer nicht zwölf? Ja, also ist es! - Aber nun sehet euch um: Die Engel haben den Wink; und sehet, die Schlange liegt zerhauen und getötet da. Ihre Teile sinken hinab in die Tiefe der glühenden Wogen; die Wogen stürzen ihnen von allen Seiten her donnertobend nach und nun sehet, wo ist die Flut, wo das Meer?
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Ein friedliches Land erhebt sich anstatt der grausen Flut; und sehet, von allen Seiten her tragen liebliche Boten in ihren Händen Mein lebendiges Wort und streuen dasselbe gleich dem Weizenkorne allenthalben aus. - Und sehet dort gegen Morgen hin: Eine neue, herrliche Sonne geht auf! Aus den Himmeln fällt ein reichlicher Tau auf den neuen Boden Meiner Gnade und Erbarmung und neue, herrliche Früchte entkeimen demselben allenthalben. - Verstehet ihr dieses geschaute Bild? - Ich sage euch: Dieses Bild liegt euch sehr nahe; sein Geschehen liegt vor euren Augen. Daher solltet ihr auch nicht ängstlich sein, denn ihr habt im Bilde höherer geistiger Wahrheit geschaut das Ende der schändlichen Hurerei. - Und nun sehet euch noch einmal um und betrachtet den Geist, in dessen Sphäre ihr solches gesehen habt. - Kennet ihr ih n ?
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Ihr saget: O Herr und Vater! Er kommt uns sehr bekannt vor, aber dennoch mögen wir uns nicht so recht finden in ihm; daher möchtest wohl Du uns anzeigen, wer da steckt hinter diesem unserm Gastfreunde, der uns in seiner Sphäre ein solch schauerlich erfreuliches Gastmahl bereitet hat. - Ich aber sage euch: Diesen Gastfreund solltet ihr gar leicht erkennen, so ihr nur auf den Standpunkt, auf dem ihr euch noch befindet, ein wenig Rücksicht nehmet. Zu wem habe Ich denn dereinst gesagt, daß er sei ein Fels, auf den Ich Meine Kirche bauen will, die da von den Pforten oder Mächten der Hölle nicht solle überwältigt werden? - Ihr saget: Zu Simon, der darum Petrus genannt wurde. - Nun sehet, das ist auch unser geistiger Gastfreund. Dieser sieht Mich und sieht auch euch. Jedoch, so Ich mit euch rede, da ist er voll des Schweigens, indem er ist voll der Liebe zu Mir.
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Und so denn tretet wieder aus seiner Sphäre, denn es naht sich uns schon wieder ein anderer, der siebente Geist, in dessen Sphäre wir wieder ganz andere Dinge erschauen werden. Diesen sechsten Geist aber wollen wir ebenfalls in unserer Gesellschaft behalten. Und so denn betrachtet das heute Geschaute wohl und erwartet in dem nächsten eine tüchtige Löse des Geschauten. - Und somit gut für heute.