Sharing Words
The forum is closed until further notice due to massive abuse
"Steh auf, Meine Freundin, Meine Schöne, so komm doch!
Denn vorbei ist der Winter, verrauscht der Regen.
Auf der Flur erscheinen die Blumen;
die Zeit zum Singen ist da.
Die Stimme der Turteltaube ist zu hören in unserem Land.
Am Feigenbaum reifen die ersten Früchte;
die blühenden Reben duften.
Steh auf, Meine Freundin, Meine Schöne, so komm doch!"
(Hohelied 2,10 - 13)
---
Leute von Orphalese, ihr könnt die Trommel dämpfen und die Saiten der Leier lockern, doch wer soll der Lerche befehlen, nicht zu singen?
(Khalil Gibran)
Seht euch den Feigenbaum und die anderen Bäume an: Sobald ihr merkt, dass die Zweige saftig werden und Blätter treiben, wisst ihr, dass der Sommer nahe ist. (Matth. 24,32, Markus 13,28 und Lukas 21,29 + 30)
Sat, Dec 22, 2012 at 10:15 AM UTC
by Frieda
Re: Liebesgeflüster Gottes
"Ein verschlossener Garten ist meine Schwester Braut, ein verschlossener Garten, ein versiegelter Quell. Ein Lustgarten sprosst aus dir, Granatbäume mit köstlichen Früchten, Hennadolden, Nardenblüten, Narde, Krokus, Gewürzrohr und Zimt, alle Weihrauchbäume, Myrrhe und Aloe, allerbester Balsam. Die Quelle des Gartens bist du, ein Brunnen lebendigen Wassers, Wasser vom Libanon. Nordwind, erwache! Südwind, herbei! Durchweht Meinen Garten, lasst strömen Balsamdüfte!"
Mein Geliebter komme in Seinen Garten und esse von den köstlichen Früchten.
(Hohelied 4,12 - 16)
---
Macht hoch die Tür, die Tor macht weit...!
Khalil Gibran
Der Prophet
Almustafa, der Erwählte und Geliebte, der seiner Zeit eine Morgenröte war, hatte zwölf Jahre in der Stadt Orphalese auf sein Schiff gewartet, das wiederkommen und ihn zur Insel seiner Geburt zurückbringen sollte.
Und im zwölften Jahr, am siebten Tag des Jelul, des Monats der Ernte, erstieg er den Hügel jenseits der Stadtmauern und schaute zur See; und er sah sein Schiff mit dem Nebel nahen.
Da wurden die Tore seines Herzens aufgeschwungen, und seine Freude flog weit über das Meer. Und er schloss die Augen und betete in der Stille seiner Seele.
Aber als er den Hügel hinabstieg, überkam ihn eine Traurigkeit, und er dachte in seinem Herzen: Wie soll ich in Frieden und ohne Trauer gehen? Nein, nicht ohne Wunde im Geist werde ich diese Stadt verlassen.
Lang waren die Tage der Qual, die ich in ihren Mauern verbrachte, und lang waren die Nächte der Einsamkeit; und wer kann seine Qual und seine Einsamkeit ungerührt hinter sich lassen?
Zu viel von meinem Geist habe ich in diesen Straßen verströmt, und zu zahlreich sind die Kinder meiner Sehnsucht; die nackt in diesen Hügeln wandern, und ich Und der Wächter der Nacht wird sie mit Öl füllen, und er wird sie auch anzünden.
Diese Dinge drückte er mit Worten aus. Doch vieles in seinem Herzen blieb ungesagt. Denn er selbst konnte sein tieferes Geheimnis nicht aussprechen.
Und als er die Stadt betrat, kamen alle Menschen ihm entgegen, und sie riefen ihm zu wie mit einer Stimme.
Und die Ältesten der Stadt traten vor und sagten: Geh noch nicht fort von uns.
Eine Mittagszeit bist du in unserer Dämmerung gewesen, und deine Jugend hat uns Träume zu träumen gegeben.
Kein Fremder bist du unter uns, auch kein Gast, sondern unser Sohn und innigst Geliebter.
Lass unsere Augen noch nicht nach deinem Angesicht hungern.
Und die Priester und Priesterinnen sagten zu ihm:
Lass nicht zu, dass die Wellen des Meeres uns jetzt trennen und die Jahre, die du in unserer Mitte verbracht hast, zur Erinnerung werden.
Du bist unter uns als Geist umhergegangen, und dein Schatten ist ein Licht auf unseren Gesichtern gewesen. Sehr haben wir dich geliebt.
Aber sprachlos war unsere Liebe und mit Schleiern umhüllt.
Nun aber ruft sie laut zu dir und möchte unverhüllt vor dir stehen.
Und seit jeher war es so, dass die Liebe erst in der Stunde der Trennung ihre eigene tiefe erkennt.
Und andere kamen auch und flehten ihn an. Aber er antwortete ihnen nicht. Er neigte nur den Kopf; und die in der Nähe standen, sahen Tränen auf seine Brust fallen.
Und er und die Menschen schritten zu dem großen Platz vor dem Tempel.
Und aus dem Heiligtum kam eine Frau, deren Name Almitra war. Und sie war Seherin.
Und er schaute sie mit unendlicher Zärtlichkeit an, denn sie hatte ihn als Erste aufgesucht und an ihn geglaubt, als er gerade einen Tag in ihrer Stadt gewesen war.
Und sie begrüßte ihn und sagte: Prophet Gottes, auf der Suche nach den letzten Dingen, lange hast du die Ferne nach deinem Schiff abgesucht.
Und nun ist dein Schiff gekommen, und du musst gehen.
Tief ist deine Sehnsucht nach dem Land deiner Erinnerungen und der Heimat deiner größeren Wünsche; und unsere Liebe wird dich nicht binden, noch werden unsere Bedürfnisse dich halten. Um eines jedoch bitten wir, ehe du uns verlässt: dass du zu uns sprichst und uns von deiner Wahrheit abgibst.
Und wir werden sie unseren Kindern weitergeben und sie ihren Kindern, und sie wird nicht vergehen.
In deiner Einsamkeit hast du über unsere Tage gewacht, und in deinem Wachen hast du dem Weinen und Lachen unseres Schlafs gelauscht.
Daher mach, dass wir uns selbst erkennen und sage uns alles, was dir gezeigt wurde von dem, was zwischen Geburt und Tod ist.
Und er antwortete: Leute von Orphalese, worüber könnt ich sprechen, wenn nicht von dem, was sich selbst jetzt in euren Seelen rührt?
Und im zwölften Jahr, am siebten Tag des Jelul, des Monats der Ernte, erstieg er den Hügel jenseits der Stadtmauern und schaute zur See; und er sah sein Schiff mit dem Nebel nahen.
Da wurden die Tore seines Herzens aufgeschwungen, und seine Freude flog weit über das Meer. Und er schloss die Augen und betete in der Stille seiner Seele.
Aber als er den Hügel hinabstieg, überkam ihn eine Traurigkeit, und er dachte in seinem Herzen: Wie soll ich in Frieden und ohne Trauer gehen? Nein, nicht ohne Wunde im Geist werde ich diese Stadt verlassen.
Lang waren die Tage der Qual, die ich in ihren Mauern verbrachte, und lang waren die Nächte der Einsamkeit; und wer kann seine Qual und seine Einsamkeit ungerührt hinter sich lassen?
Zu viel von meinem Geist habe ich in diesen Straßen verströmt, und zu zahlreich sind die Kinder meiner Sehnsucht; die nackt in diesen Hügeln wandern, und ich Und der Wächter der Nacht wird sie mit Öl füllen, und er wird sie auch anzünden.
Diese Dinge drückte er mit Worten aus. Doch vieles in seinem Herzen blieb ungesagt. Denn er selbst konnte sein tieferes Geheimnis nicht aussprechen.
Und als er die Stadt betrat, kamen alle Menschen ihm entgegen, und sie riefen ihm zu wie mit einer Stimme.
Und die Ältesten der Stadt traten vor und sagten: Geh noch nicht fort von uns.
Eine Mittagszeit bist du in unserer Dämmerung gewesen, und deine Jugend hat uns Träume zu träumen gegeben.
Kein Fremder bist du unter uns, auch kein Gast, sondern unser Sohn und innigst Geliebter.
Lass unsere Augen noch nicht nach deinem Angesicht hungern.
Und die Priester und Priesterinnen sagten zu ihm:
Lass nicht zu, dass die Wellen des Meeres uns jetzt trennen und die Jahre, die du in unserer Mitte verbracht hast, zur Erinnerung werden.
Du bist unter uns als Geist umhergegangen, und dein Schatten ist ein Licht auf unseren Gesichtern gewesen. Sehr haben wir dich geliebt.
Aber sprachlos war unsere Liebe und mit Schleiern umhüllt.
Nun aber ruft sie laut zu dir und möchte unverhüllt vor dir stehen.
Und seit jeher war es so, dass die Liebe erst in der Stunde der Trennung ihre eigene tiefe erkennt.
Und andere kamen auch und flehten ihn an. Aber er antwortete ihnen nicht. Er neigte nur den Kopf; und die in der Nähe standen, sahen Tränen auf seine Brust fallen.
Und er und die Menschen schritten zu dem großen Platz vor dem Tempel.
Und aus dem Heiligtum kam eine Frau, deren Name Almitra war. Und sie war Seherin.
Und er schaute sie mit unendlicher Zärtlichkeit an, denn sie hatte ihn als Erste aufgesucht und an ihn geglaubt, als er gerade einen Tag in ihrer Stadt gewesen war.
Und sie begrüßte ihn und sagte: Prophet Gottes, auf der Suche nach den letzten Dingen, lange hast du die Ferne nach deinem Schiff abgesucht.
Und nun ist dein Schiff gekommen, und du musst gehen.
Tief ist deine Sehnsucht nach dem Land deiner Erinnerungen und der Heimat deiner größeren Wünsche; und unsere Liebe wird dich nicht binden, noch werden unsere Bedürfnisse dich halten. Um eines jedoch bitten wir, ehe du uns verlässt: dass du zu uns sprichst und uns von deiner Wahrheit abgibst.
Und wir werden sie unseren Kindern weitergeben und sie ihren Kindern, und sie wird nicht vergehen.
In deiner Einsamkeit hast du über unsere Tage gewacht, und in deinem Wachen hast du dem Weinen und Lachen unseres Schlafs gelauscht.
Daher mach, dass wir uns selbst erkennen und sage uns alles, was dir gezeigt wurde von dem, was zwischen Geburt und Tod ist.
Und er antwortete: Leute von Orphalese, worüber könnt ich sprechen, wenn nicht von dem, was sich selbst jetzt in euren Seelen rührt?
von der Liebe
Khalil Gibran: Der Prophet
Da sagte Almitra: Sprich uns von der Liebe.
Und er hob den Kopf und sah auf die Menschen, und es kam eine Stille über sie. Und mit lauter Stimme sagte er:
Wenn die Liebe dir winkt, folge ihr, sind ihre Wege auch schwer und steil.
Und wenn ihre Flügel dich umhüllen, gib dich ihr hin, auch wenn das unterm Gefieder versteckte Schwert dich verwunden kann.
Und wenn sie zu dir spricht, glaube an sie, auch wenn ihre Stimme deine Träume zerschmettern kann wie der Nordwind den Garten verwüstet.
Denn so, wie die Liebe dich krönt, kreuzigt sie dich.
So wie sie dich wachsen lässt, beschneidet sie dich.
So wie sie emporsteigt zu deinen Höhen und die zartesten Zweige liebkost, die in der Sonne zittern, steigt sie hinab zu deinen Wurzeln und erschüttert sie in Ihrer Erdgebundenheit.
Wie Korngarben sammelt sie dich um sich.
Sie drischt dich, um dich nackt zu machen.
Sie siebt dich, um dich von deiner Spreu zu befreien.
Sie mahlt dich, bis du weiß bist.
Sie knetet dich, bis du geschmeidig bist;
Und dann weiht sie dich ihrem heiligem Feuer, damit du heiliges Brot wirst für Gottes heiliges Mahl.
All dies wird die Liebe mit dir machen, damit du die Geheimnisse deines Herzens kennen lernst und in diesem Wissen ein Teil vom Herzen des Lebens wirst.
Aber wenn du in deiner Angst nur die Ruhe und die Lust der Liebe suchst, dann ist es besser für dich, deine Nacktheit zu bedecken und vom Dreschboden der Liebe zu gehen.
In die Welt ohne Jahreszeiten, wo du lachen wirst, aber nicht dein ganzes Lachen,
und weinen, aber nicht all deine Tränen.
Liebe gibt nichts als sich selbst und nimmt nichts als von sich selbst.
Liebe besitzt nicht, noch lässt sie sich besitzen; denn die Liebe genügt der Liebe.
Wenn du liebst, solltest du nicht sagen: „Gott ist in meinem Herzen“, sondern: „Ich bin in Gottes Herzen.“
Und glaube nicht, du kannst den Lauf der Liebe lenken, denn die Liebe, wenn sie dich für würdig hält, lenkt deinen Lauf.
Liebe hat keinen anderen Wunsch, als sich zu erfüllen.
Aber wenn du liebst und Wünsche haben musst, sollst du dir dies wünschen:
Zu schmelzen und wie ein plätschernder Bach zu sein, der seine Melodie der Nacht singt.
Den Schmerz allzu vieler Zärtlichkeit zu kennen.
Vom eigenen Verstehen der Liebe verwundet zu sein; und willig und freudig zu bluten.
Bei der Morgenröte mit beflügeltem Herzen zu erwachen und für einen weiteren Tag des Liebens dankzusagen;
zur Mittagszeit zu ruhen und über die Verzückung der Liebe nachzusinnen;
am Abend mit Dankbarkeit heimzukehren;
und dann einzuschlafen
mit einem Gebet für den Geliebten im Herzen und einem Lobgesang auf den Lippen
Und er hob den Kopf und sah auf die Menschen, und es kam eine Stille über sie. Und mit lauter Stimme sagte er:
Wenn die Liebe dir winkt, folge ihr, sind ihre Wege auch schwer und steil.
Und wenn ihre Flügel dich umhüllen, gib dich ihr hin, auch wenn das unterm Gefieder versteckte Schwert dich verwunden kann.
Und wenn sie zu dir spricht, glaube an sie, auch wenn ihre Stimme deine Träume zerschmettern kann wie der Nordwind den Garten verwüstet.
Denn so, wie die Liebe dich krönt, kreuzigt sie dich.
So wie sie dich wachsen lässt, beschneidet sie dich.
So wie sie emporsteigt zu deinen Höhen und die zartesten Zweige liebkost, die in der Sonne zittern, steigt sie hinab zu deinen Wurzeln und erschüttert sie in Ihrer Erdgebundenheit.
Wie Korngarben sammelt sie dich um sich.
Sie drischt dich, um dich nackt zu machen.
Sie siebt dich, um dich von deiner Spreu zu befreien.
Sie mahlt dich, bis du weiß bist.
Sie knetet dich, bis du geschmeidig bist;
Und dann weiht sie dich ihrem heiligem Feuer, damit du heiliges Brot wirst für Gottes heiliges Mahl.
All dies wird die Liebe mit dir machen, damit du die Geheimnisse deines Herzens kennen lernst und in diesem Wissen ein Teil vom Herzen des Lebens wirst.
Aber wenn du in deiner Angst nur die Ruhe und die Lust der Liebe suchst, dann ist es besser für dich, deine Nacktheit zu bedecken und vom Dreschboden der Liebe zu gehen.
In die Welt ohne Jahreszeiten, wo du lachen wirst, aber nicht dein ganzes Lachen,
und weinen, aber nicht all deine Tränen.
Liebe gibt nichts als sich selbst und nimmt nichts als von sich selbst.
Liebe besitzt nicht, noch lässt sie sich besitzen; denn die Liebe genügt der Liebe.
Wenn du liebst, solltest du nicht sagen: „Gott ist in meinem Herzen“, sondern: „Ich bin in Gottes Herzen.“
Und glaube nicht, du kannst den Lauf der Liebe lenken, denn die Liebe, wenn sie dich für würdig hält, lenkt deinen Lauf.
Liebe hat keinen anderen Wunsch, als sich zu erfüllen.
Aber wenn du liebst und Wünsche haben musst, sollst du dir dies wünschen:
Zu schmelzen und wie ein plätschernder Bach zu sein, der seine Melodie der Nacht singt.
Den Schmerz allzu vieler Zärtlichkeit zu kennen.
Vom eigenen Verstehen der Liebe verwundet zu sein; und willig und freudig zu bluten.
Bei der Morgenröte mit beflügeltem Herzen zu erwachen und für einen weiteren Tag des Liebens dankzusagen;
zur Mittagszeit zu ruhen und über die Verzückung der Liebe nachzusinnen;
am Abend mit Dankbarkeit heimzukehren;
und dann einzuschlafen
mit einem Gebet für den Geliebten im Herzen und einem Lobgesang auf den Lippen
der Ehe
Khalil Gibran: Der Prophet
Dann sprach Almitra abermals und sagte: Und was ist mit der Ehe, Meister?
Und er antwortete und sprach:
Ihr wurdet zusammen geboren, und ihr werdet auf immer zusammen sein.
Ihr werdet zusammen sein, wenn die weißen Flügel des Todes eure Tage scheiden.
Ja, ihr werdet selbst im stummen Gedenken Gottes zusammen sein.
Aber lasst Raum zwischen euch.
Und lasst die Winde des Himmels zwischen euch tanzen.
Liebt einander, aber macht die Liebe nicht zur Fessel:
Lasst sie eher ein wogendes Meer zwischen den Ufern eurer Seelen sein.
Füllt einander den Becher, aber trinkt nicht aus einem Becher.
Gebt einander von eurem Brot, aber esst nicht vom selben Laib.
Singt und tanzt zusammen und seid fröhlich, aber lasst jeden von euch allein sein,
so wie die Saiten einer Laute allein sind und doch von derselben Musik erzittern.
Gebt eure Herzen, aber nicht in des anderen Obhut.
Denn nur die Hand des Lebens kann eure Herzen umfassen.
Und steht zusammen, doch nicht zu nah:
Denn die Säulen des Tempels stehen für sich,
Und die Eiche und die Zypresse wachsen nicht im Schatten der anderen.
Und er antwortete und sprach:
Ihr wurdet zusammen geboren, und ihr werdet auf immer zusammen sein.
Ihr werdet zusammen sein, wenn die weißen Flügel des Todes eure Tage scheiden.
Ja, ihr werdet selbst im stummen Gedenken Gottes zusammen sein.
Aber lasst Raum zwischen euch.
Und lasst die Winde des Himmels zwischen euch tanzen.
Liebt einander, aber macht die Liebe nicht zur Fessel:
Lasst sie eher ein wogendes Meer zwischen den Ufern eurer Seelen sein.
Füllt einander den Becher, aber trinkt nicht aus einem Becher.
Gebt einander von eurem Brot, aber esst nicht vom selben Laib.
Singt und tanzt zusammen und seid fröhlich, aber lasst jeden von euch allein sein,
so wie die Saiten einer Laute allein sind und doch von derselben Musik erzittern.
Gebt eure Herzen, aber nicht in des anderen Obhut.
Denn nur die Hand des Lebens kann eure Herzen umfassen.
Und steht zusammen, doch nicht zu nah:
Denn die Säulen des Tempels stehen für sich,
Und die Eiche und die Zypresse wachsen nicht im Schatten der anderen.
Und eine Frau, die einen Säugling an der Brust hielt, sagte: Sprich uns von den Kindern.
Und er sagte:
Eure Kinder sind nicht eure Kinder.
Sie sind die Söhne und Töchter der Sehnsucht des Lebens nach sich selber.
Sie kommen durch euch, aber nicht von euch,
Und obwohl sie mit euch sind, gehören sie euch doch nicht.
Ihr dürft ihnen eure Liebe geben, aber nicht eure Gedanken,
Denn sie haben ihre eigenen Gedanken.
Ihr dürft ihren Körpern ein Haus geben, aber nicht ihren Seelen,
Denn ihre Seelen wohnen im Haus von morgen, das ihr nicht besuchen könnt, nicht einmal in euren Träumen.
Ihr dürft euch bemühen, wie sie zu sein, aber versucht nicht, sie euch ähnlich zu machen.
Denn das Leben läuft nicht rückwärts, noch verweilt es im Gestern.
Ihr seid die Bogen, von denen eure Kinder als lebende Pfeile ausgeschickt werden.
Der Schütze sieht das Ziel auf dem Pfad der Unendlichkeit, und Er spannt euch mit seiner Macht, damit Seine Pfeile schnell und weit fliegen.
Lasst euren Bogen von der Hand des Schützen auf Freude gerichtet sein;
Denn so wie er den Pfeil liebt, der fliegt, so liebt er auch den Bogen, der fest ist.
Khalil Gibran: Der Prophet
Und er sagte:
Eure Kinder sind nicht eure Kinder.
Sie sind die Söhne und Töchter der Sehnsucht des Lebens nach sich selber.
Sie kommen durch euch, aber nicht von euch,
Und obwohl sie mit euch sind, gehören sie euch doch nicht.
Ihr dürft ihnen eure Liebe geben, aber nicht eure Gedanken,
Denn sie haben ihre eigenen Gedanken.
Ihr dürft ihren Körpern ein Haus geben, aber nicht ihren Seelen,
Denn ihre Seelen wohnen im Haus von morgen, das ihr nicht besuchen könnt, nicht einmal in euren Träumen.
Ihr dürft euch bemühen, wie sie zu sein, aber versucht nicht, sie euch ähnlich zu machen.
Denn das Leben läuft nicht rückwärts, noch verweilt es im Gestern.
Ihr seid die Bogen, von denen eure Kinder als lebende Pfeile ausgeschickt werden.
Der Schütze sieht das Ziel auf dem Pfad der Unendlichkeit, und Er spannt euch mit seiner Macht, damit Seine Pfeile schnell und weit fliegen.
Lasst euren Bogen von der Hand des Schützen auf Freude gerichtet sein;
Denn so wie er den Pfeil liebt, der fliegt, so liebt er auch den Bogen, der fest ist.
Khalil Gibran: Der Prophet
Ein reicher Mann sagte: Sprich uns vom Geben.
Und er antwortete: Ihr gebt nur wenig, wenn ihr von eurem Besitz gebt.
Erst wenn ihr von euch selber gebt, gebt ihr wahrhaft.
Denn was ist euer Besitz anders als etwas, das ihr bewahrt und bewacht aus Angst, dass ihr es morgen brauchen könntet?
Und morgen, was wird das Morgen dem übervorsichtigen Hund bringen, der Knochen im spurlosen Sand vergräbt, wenn er den Pilgern zur heiligen Stadt folgt?
Und was ist die Angst vor der Not anderes als Not? Ist nicht Angst vor Durst, wenn der Brunnen voll ist, der Durst, der unlöschbar ist?
Es gibt jene, die von dem Vielen, das sie haben, wenig geben - und sie geben um der Anerkennung willen, und ihr verborgener Wunsch verdirbt ihre Gaben.
Und es gibt jene, die wenig haben und alles geben. Das sind die, die an das Leben und die Fülle des Lebens glauben, und ihr Beutel ist nie leer.
Es gibt jene, die mit Freude geben, und die Freude ist ihr Lohn.
Und es gibt jene, die mit Schmerzen geben, und der Schmerz ist ihre Taufe.
Und es gibt jene, die geben und keinen Schmerz beim Geben kennen: weder suchen sie Freude dabei, noch geben sie um der Tugend willen;
Sie geben, wie im Tal dort drüben die Myrte ihren Duft verströmt.
Durch ihre Hände spricht Gott, und aus ihren Augen lächelt Er auf die Erde.
Es ist gut zu geben, wenn man gebeten wird, aber besser ist es, wenn man ungebeten gibt, aus Verständnis;
Und für den Freigebigen ist die Suche nach einem, der empfangen soll, eine größere Freude als das Geben.
Und gibt es etwas, das ihr zurückhalten werdet?
Alles, was ihr habt, wird eines Tages gegeben werden;
Daher gebt jetzt, dass die Zeit des Gebens eure ist und nicht die eurer Erben.
Ihr sagt oft: "Ich würde geben, aber nur dem, der es verdient."
Die Bäume in eurem Obstgarten reden nicht so, und auch nicht die Herden auf euren Weiden.
Sie geben, damit sie leben dürfen, denn zurückhalten heißt zugrunde gehen.
Sicher ist der, der würdig ist, seine Tage und Nächte zu erhalten, auch alles anderen von euch würdig.
Und der, der verdient hat, vom Meer des Lebens zu trinken, verdient auch, seinen Becher aus eurem Bach zu füllen.
Und welcher Verdienst wäre größer als der Mut und das Vertrauen, ja auch die Nächstenliebe, die im Empfangen liegt?
Und wer seid ihr, dass die Menschen sich die Brust zerreißen und ihren Stolz entschleiern sollten, damit ihr ihren Wert nackt und ihren Stolz entblößt seht?
Seht erst zu, dass ihr selber verdient, ein Gebender und ein Werkzeug des Gebens zu sein.
Denn in Wahrheit ist es das Leben, das dem Leben gibt - während ihr, die ihr euch als Gebende fühlt, nichts anderes seid als Zeugen.
Und ihr, die ihr empfangt - und ihr seid alle Empfangende -, bürdet euch nicht die Last der Dankbarkeit auf, damit ihr nicht euch und dem Gebenden ein Joch auferlegt.
Steigt lieber zusammen mit dem Gebenden auf seinen Gaben empor wie auf Flügeln;
Denn seid ihr euch eurer Schuld zu sehr bewusst, heißt das, die Freigebigkeit desjenigen zu bezweifeln, der die großherzige Erde zur Mutter und Gott zum Vater hat.
Khalil Gibran: Der Prophet
Und er antwortete: Ihr gebt nur wenig, wenn ihr von eurem Besitz gebt.
Erst wenn ihr von euch selber gebt, gebt ihr wahrhaft.
Denn was ist euer Besitz anders als etwas, das ihr bewahrt und bewacht aus Angst, dass ihr es morgen brauchen könntet?
Und morgen, was wird das Morgen dem übervorsichtigen Hund bringen, der Knochen im spurlosen Sand vergräbt, wenn er den Pilgern zur heiligen Stadt folgt?
Und was ist die Angst vor der Not anderes als Not? Ist nicht Angst vor Durst, wenn der Brunnen voll ist, der Durst, der unlöschbar ist?
Es gibt jene, die von dem Vielen, das sie haben, wenig geben - und sie geben um der Anerkennung willen, und ihr verborgener Wunsch verdirbt ihre Gaben.
Und es gibt jene, die wenig haben und alles geben. Das sind die, die an das Leben und die Fülle des Lebens glauben, und ihr Beutel ist nie leer.
Es gibt jene, die mit Freude geben, und die Freude ist ihr Lohn.
Und es gibt jene, die mit Schmerzen geben, und der Schmerz ist ihre Taufe.
Und es gibt jene, die geben und keinen Schmerz beim Geben kennen: weder suchen sie Freude dabei, noch geben sie um der Tugend willen;
Sie geben, wie im Tal dort drüben die Myrte ihren Duft verströmt.
Durch ihre Hände spricht Gott, und aus ihren Augen lächelt Er auf die Erde.
Es ist gut zu geben, wenn man gebeten wird, aber besser ist es, wenn man ungebeten gibt, aus Verständnis;
Und für den Freigebigen ist die Suche nach einem, der empfangen soll, eine größere Freude als das Geben.
Und gibt es etwas, das ihr zurückhalten werdet?
Alles, was ihr habt, wird eines Tages gegeben werden;
Daher gebt jetzt, dass die Zeit des Gebens eure ist und nicht die eurer Erben.
Ihr sagt oft: "Ich würde geben, aber nur dem, der es verdient."
Die Bäume in eurem Obstgarten reden nicht so, und auch nicht die Herden auf euren Weiden.
Sie geben, damit sie leben dürfen, denn zurückhalten heißt zugrunde gehen.
Sicher ist der, der würdig ist, seine Tage und Nächte zu erhalten, auch alles anderen von euch würdig.
Und der, der verdient hat, vom Meer des Lebens zu trinken, verdient auch, seinen Becher aus eurem Bach zu füllen.
Und welcher Verdienst wäre größer als der Mut und das Vertrauen, ja auch die Nächstenliebe, die im Empfangen liegt?
Und wer seid ihr, dass die Menschen sich die Brust zerreißen und ihren Stolz entschleiern sollten, damit ihr ihren Wert nackt und ihren Stolz entblößt seht?
Seht erst zu, dass ihr selber verdient, ein Gebender und ein Werkzeug des Gebens zu sein.
Denn in Wahrheit ist es das Leben, das dem Leben gibt - während ihr, die ihr euch als Gebende fühlt, nichts anderes seid als Zeugen.
Und ihr, die ihr empfangt - und ihr seid alle Empfangende -, bürdet euch nicht die Last der Dankbarkeit auf, damit ihr nicht euch und dem Gebenden ein Joch auferlegt.
Steigt lieber zusammen mit dem Gebenden auf seinen Gaben empor wie auf Flügeln;
Denn seid ihr euch eurer Schuld zu sehr bewusst, heißt das, die Freigebigkeit desjenigen zu bezweifeln, der die großherzige Erde zur Mutter und Gott zum Vater hat.
Khalil Gibran: Der Prophet