Gottes Neue Offenbarungen

Das Grosse Evangelium Johannes: Band 5

Lehren und Taten Jesu während Seiner drei Lehramts-Jahre
Jesus in der Gegend von Cäsarea Philippi
Ev. Matth. Kap. 16 (Fortsetzung)

- Kapitel 164 -

Die Religionsphilosophie des Pharisäers

1
(Cyrenius:) ,,Da sagte Markus zu dir: ,Freund, ich ersehe aus dieser deiner langen Rede, daß du eines schon überaus verhärteten Herzens bist und dir schwer zu raten und zu helfen sein wird! Denn so ein Mensch nicht mehr den größten Wahrheitsautoritäten einen reellen Glauben schenken kann und alles auf der Erde für einen Betrug hält und erklärt, dann hat bei ihm alles aufgehört, was ihm auf dem Lebenswege zu einer besseren Leuchte hätte dienen können! Sage mir, oder denke es bei dir selbst: Welchen Nutzen hätten wir, so wir dich in ein besseres Licht setzten? Wir haben Schätze der kolossalsten Art in einer unbeschreibbaren Menge; am Golde, Silber und an den kostbarsten Edelsteinen hat es bei uns keinen Mangel; also sind auch unsere Kammern voll Getreides und die Keller voll des edelsten Rebensaftes, wie ihr schon wunderbarerweise einen verkostet habt, - wovon ihr nun nichts mehr zu wissen scheint! Wir haben von euch also gar nichts zu gewinnen vonnöten und reden als selbst durch und durch erstaunte Zeugen unmöglich etwas anderes als die reinste Wahrheit! Warum wollt ihr denn uns nicht glauben?
2
Sieh, es hält dich und deine Gefährten allein der allerverächtlichste Eigennutz ab, demzuliebe ihr euch sogar zu den größten menschlichen Scheusalen gebrauchen ließet nach deinen Worten: ,Um einen bleibend größeren Lebensvorteil sind wir für alles zu gebrauchen!` Also auch zum Morden und Rauben? Nein, ich muß es sagen: Wahrlich, dein offenes Bekenntnis ist gar nicht übel und ganz geeignet, selbst einem ärgsten Teufel in seiner Art die größte Ehre zu machen! Und solche Menschen sind Volkslehrer und -erzieher! Nun, da wird es etwa doch für jeden nur einigermaßen menschlicheren Denker leicht begreiflich sein, warum wir wahrheitssuchende und - liebende Römer eurem Institute stets mehr und mehr abgeneigt und stets feindlicher gesinnt werden müssen. Was soll bei solch einer Erziehungsweise in kurzer Zeit aus der Menschheit, die unter euch steht, werden? Ja, ja, Freund, es ist die höchste Zeit, eurem argen Getriebe einmal ganz gehörige Schranken zu setzen, - sonst versinkt ehestens ganz Judenland in den Schlamm des Todes!`
3
Auf diese sehr triftige Bemerkung des alten, biedern Markus aber sagtest du für weiterhin eine Weile gar nichts, - dachtest aber bei dir also: ,Verdammt! Jetzt habe ich mich schon verbrannt! Das ist's mit der lumpigen Wahrheit! Solange man lügt wie ein Bär, kommt man überall gut durch die Welt; aber nur ein wahres Wort unter eine sonst recht wohlbestellte Lüge gemengt, - und die Hyäne sitzt einem schon im Genicke! Was tue ich aber nun, um diesem Römer seine Schärfe zu benehmen? Ich werde mir nun wie ein Chamäleon gleich eine andere Färbung geben, und es soll da schon mit allen Teufeln hergehen, so ich den alten römischen Fuchs nicht zu einer besseren Überzeugung von uns bringe, ansonst uns diese dumme Plauderei in die größten Verlegenheiten stürzen kann! Er werde nun von mir mit der ehrlichsten Miene von der Welt allerarmdickst kreuz und quer angelogen, und ich wette, daß er uns als seine neugewonnenen Freunde allerfreundlichst begrüßen wird! Aber es fragt sich nun nur, - wie ihm wieder ins Wort fallen?! Schwer soll's eben nicht werden; denn auch er scheint nachzudenken, wie er uns mit noch triftigeren Beweisen für seine Sache etwa gewinnen und umgestalten könnte!`
4
Sieh, das waren deine Gedanken im Hafen, und zwar auf einem der fünf großen und neuen Schiffe! Bald faßtest du Mut und sagtest zum Markus: ,Du scheinst grämlich zu sein ob meiner ehemaligen Äußerungen! Sieh, wollte ich unehrlich und dabei fuchsartig klug sein, da hätte ich offenbar nicht von der Leber weg mit dir gesprochen und mich dir auch nicht also gezeigt, wie ich eigentlich denke und in meinem Innern auch eben also bin! Denn wir Pharisäer verstehen uns sehr wohl darauf, den Mantel nach dem Winde zu kehren; aber da du nach unserem Merken und nach deinem vielleicht noch von deinen Kinderjahren her etwas beschränkten Erkennen es dennoch ehrlich mit uns meintest, so wäre es denn doch wahrlich zu schmählich, wenn ich vor dir mich in Gott weiß was für einer frommen und gläubigen Maske gezeigt hätte! Wäre es uns denn etwa ein Schweres gewesen, dem Scheine nach alles aufs Wort zu glauben, was du uns von dem Nazaräer ausgesagt hast? Sieh, du wärest damit zufrieden gewesen und hättest uns dann also dem Cyrenius als völlig bekehrte Menschen vorgeführt! Allein, eine Ehrlichkeit fordert die andere; ich redete darum ganz von der Leber weg, und es blieb dir von meinem innern Denken und Urteilen nicht ein Jota verschwiegen.
5
Dinge, wie sie hier sollen vor sich gegangen sein, zu glauben, ohne selbst dabei Zeuge gewesen zu sein, ist für eines Menschen geweckten Verstand wohl etwas überaus Schweres, zumal dies so einzig allein als etwas Niedagewesenes dastünde, daß man dabei alle gemachten besseren Erfahrungen rein in das Meer werfen müßte. Denn bis jetzt ist von keinem Menschen auf der ganzen bekannten Erde durch alle Zeiten hindurch etwas Ähnliches zustande gebracht worden, und die bekannten Wunder und Zauberstücke kennen wir, und auch, wie sie verübt wurden. Überall waren Menschen, die sich durch ihren Scharfsinn unter vielen Hunderttausenden ihrer Mitmenschen auszeichneten. Sie erkannten tiefer die Kräfte der großen Natur, machten sich dieselben zum Nutzen und wurden danebst erst noch hinzu als Menschen höherer Art, als Propheten oder Halbgötter, verehrt und förmlich angebetet. Solch ein Geniemensch hatte auch bald und sicher eine Menge wissensdurstiger Jünger um sich, die sich alle Mühe gaben, in die Fußstapfen ihres geistreichen Meisters zu treten. Zu seiner Zeit waren das nur Jünger, später notgedrungen selbst Lehrer und Nachmeister, die samt ihren Jüngern dem Urmeister auch nach seinem diesirdischen Ableben eine große Ehre bezeigten, und das um so mehr, als die Lehren und Werke des Urmeisters sich den Menschen stets wohltätiger erwiesen. Mit der Weile wurden aus den Nachmeistern Priester, die ihren Urmeister zu mindestens einem Halbgotte machten.
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Wir Juden machten aus solchen Ur- und Erzmeistern Propheten, und die Ägypter, Griechen und Römer ihre Halbgötter und dichteten den sicher allerehrenwertesten Urmeistern mit der Zeit übernatürliche Wundertaten hinzu, um sie dem blinden Menschentrosse leichter und bequemer als Wesen höherer Art vorzustellen und Opfer zu bekommen, die dann oft viele Jahrhunderte fortbestanden, bis wieder irgendein noch größeres Genie dem Schoße einer geweckten Mutter entschlüpfte und das lose Tun und Treiben eines Priestertums auf eine solche Art vor den Augen eines lange betrogenen Volkes enthüllte, daß dasselbe ohne weiteres zu der ungezweifelten Ansicht gelangen mußte, daß es kreuz und quer betrogen ist, und daß seine Priester und gleichsam Gottesdiener als die allerderbsten Tagediebe und Menschenbetrüger dastehen, die die wahren Lehren ihres Urmeisters entweder selbst kaum mehr in der ursprünglichen Reinheit kennen oder selbst das, was sie noch davon kennen, aus staatsklugen Gründen den armen, trost- und wissensdurstigen Menschen vorenthalten, sie also statt mit Gold und Perlen mit allem möglichen Unrate füttern.
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Ja, wenn ein solcher neuer Großmeister dem Volke, das ohnehin schon vielfach mißtrauisch gegen seine Priester geworden ist, die Augen eben nicht zu schwer öffnet, so sind die alten Priester so gut wie fertig und können sich nur durch allerlei politische Gewaltgriffe und - kniffe eine Zeitlang halten; aber in den Gemütern des Volkes sind sie so gut wie vollauf gestorben. Das droht uns nun auch sehr. Der Großmeister ist bereits in die für uns traurige Wirksamkeit getreten, und Tausende kehren uns für immer den Rücken. Daß uns, über die der Sturm sich erhoben hat, das durchaus nicht gleichgültig sein kann, wirst du sicher einsehen, und auch, daß wir bemüht sein müssen, noch zu retten, was zu retten ist. Und es wäre sonach wahrlich seltsam von dir, sonst einem so biedern Manne, wenn du uns darum gram werden wolltest, so wir mit dir einige ganz entschleierte Worte gewechselt haben, da es uns doch auch ganz freigestanden wäre, dich so dick als möglich zu hintergehen!`"

Fußnoten